Es ist eine Farbe, die eine ganze Generation bewegt: Das Brat Green fällt sofort auf und es ist leicht, die Ansage dahinter zu verstehen: Wir sind wild, unbesorgt und rotzfrech. Während Brats lange primär aus der BDSM-Welt bekannt waren, betitelt man nun den gesamten Sommer als „Brat-Summer“. Und zwar auch unabhängig vom erotischen Sinn. Denn ihrem neuen Album inspiriert Charli XCX zu mehr Chaos und stellt sich so der „Clean Girl“ Ästhetik entgegen. Nicht zu vergessen, dass auch Kamala Harris von dem damit verbundenen Gefühl Gebrauch macht und sich mit Brat Green zeigt ...
Woher stammt der Begriff „Brat Green“?
Ursprünglich kommt der englische Begriff „Brat“ nicht aus dem Internet, sondern aus ganz normalen Haushalten. Erwachsene beschimpfen Kinder dann als „Brat“, wenn diese frech und verzogen sind oder sich schlecht benehmen.
Zunächst haben sich das Wort dann die BDSM-Fans ausgeliehen. Hier meint man damit oft eine Person, die zwar ein Bottom, allerdings nicht unbedingt unterwürfig ist.
Brats wollen ihre Spielpartner*innen (welchen man in diesem Zusammenhang oft „Tamer*innen“, also „Bändiger“*innen, nennt) provozieren und die Grenzen der Beziehung austesten.
Für ihr ungezogenes Verhalten erwarten sie dann eine entsprechend abwertende Reaktion sowie eine – gern mit Dirty Talk verbundene – Strafe.
Seit die britische Sängerin Charli XCX ihr neues Album mit dem Titel „Brat“ veröffentlichte, scheint das Wort aber nicht nur diese alte Bedeutung aufzugreifen, es geht sogar noch darüber hinaus. Denn das Gefühl, das das Album mit dem giftgrünen Cover ausstrahlt, scheint genau das zu repräsentieren, wonach sich die jungen Leute heute sehnen: Chaos und mehr „Chilligkeit“.
Und selbst Kamala Harris kann sich anscheinend im Brat Green wiederfinden. Giftgrüne TikTok-Videos, in denen sie ihre Mutter zitiert und öffentlich tanzt, sind inzwischen weltweit berühmt und haben schon von Charli XCX selbst den Kommentar „Kamala IS Brat“ erhalten. Dementsprechend macht Harris in ihrer Wahlkampf-Kampagne davon Gebrauch, und zwar erfolgreich.
Wie sieht der „Brat Summer“ aus?
Das Brat Green, der Grünton, der die „Brat“ Bewegung begleitet, ist ein neonartiger Misch aus Limettengrün und Schleimgrün. Es handelt sich also um eine Farbe, die die wenigsten beim ersten Hinsehen als stylish bezeichnen würden. Perfekt für den Brat-Sommer!
Eine lässige Hose, cooles T-Shirts und lockere Jacken, Boots und am besten eine Zigarette in der Hand: So stellt man sich eine*n Brat vor. Sie*Er ist schamlos, unbefangen und schwimmt ganz selbstbewusst gegen den Strom. Wenn man sie*ihn auf der Straße trifft, kann man sich nicht entscheiden, ob man lieber einen Bogen macht oder mit ihr*ihm durch die Clubs ziehen will.
Und genau dieses wilde Gefühl strahlt die giftgrüne Farbe aus, die mit dem Hashtag „Brat Green“ versehen das Internet erobert hat. Charli XCX beschreibt das typische Brat-Girl so: „Sie ist die Art von Person, die vielleicht eine Packung Kippen mit einem BIC-Feuerzeug mithat und ein weißes Trägertop ohne einen BH darunter trägt. Sie ist „messy“, kurz vor einem Nervenzusammenbruch, aber feiert einfach durch.“
Nach dem Barbie-Pink, das 2023 nach dem dazugehörigen Barbie-Film die Social-Media-Kanäle übernommen hat, ist das Brat Green für viele folglich eine erfrischende Abwechslung. Als sich anschließend noch die „Clean Girl“ Ästhetik auf Trends wie
- Yoga,
- „Plant Based Food“
- und den Verzicht auf Alkohol
stapelte, reichte es vielen jungen Menschen mit dem ständigen Drang zum Perfektionismus.
Brat Green ist somit genau das Gegenteil von dem, was Eltern, Lehrer*innen und eben lange auch Social Media sich von jungen (und auch älteren Menschen) wünsch(t)ten. Wer Brat ist, will mit einem gesunden Lebensstil nichts zu tun haben und macht stattdessen einfach das, worauf er Lust hat. Und obwohl oft vom „Brat Girl“ gesprochen wird, beschränkt sich der Begriff nicht nur auf Mädchen und Frauen. Auch Jungen, Männer und Diverse dürfen selbstverständlich Brat sein und sich Brat fühlen.
Bleibt Brat Green auch in der Zukunft noch beliebt?
Wie bei allen Internet-Trends hält der große Wirbel auch beim Brat Green wahrscheinlich nicht für immer. Dennoch ist es vorstellbar, dass er uns noch für eine Weile in der ein oder anderen Form begleiten wird.
Gen Z muss sich oft anhören, sie seien eben so oder so. Dabei wollen auch sie einfach mal sein. Und Brat Green ist eben dieser jugendliche, chaotische und rebellische Vibe.
Egal ob Klimawandel, die aufgeheizte politische Lage in vielen Ländern oder die globale Inflation, die Haus- und Lebenskosten zu einem großen Stressfaktor gerade für junge Menschen macht – Brat Green fordert dazu auf, einfach mal loszulassen und sorgenlos zu sein. Und genau das ist es, was den knalligen Ton auch durchaus für die Politik interessant macht, wenn es darum geht, bestimmte Gefühle innerhalb einer Generation und sogar noch
über Generationsgrenzen hinweg miteinander zu teilen …