Die sogenannte offene Beziehung ist weit mehr als eine seltene Marotte: Ihre Anzahl ist in den zurückliegenden Jahren deutlich angestiegen. Gründe dafür sind mannigfaltig, sie sind aber teilweise auf ein altbekanntes Problem in monogamen Paarbeziehungen zurückzuführen. Bekanntlich ist Treue in vielen Fällen nicht viel mehr als eine Wunschvorstellung. So hat der ‚Playboy‘ im November 2021 eine Umfrage veröffentlicht, laut der sich 34,5 % der befragten als ‚notorische Fremdgänger‘ bezeichneten – und zwar unabhängig vom Geschlecht. Meistgenannter Grund für den Seitensprung? Eine unglückliche, einengende Partnerschaft.
Die offene Beziehung als Gegenentwurf
Eine offene Beziehung bedeutet nicht, dass beide Partner nur noch als Team zusammenleben, sich sexuell aber anderweitig austoben. Jedenfalls muss das nicht zwangsläufig so sein. Stattdessen steht diese Beziehungsform für leidenschaftliche Abwechslung, Abenteuerlust und neue, von einer anderen Person gefütterte Selbstbestätigung.
Paare in offener Beziehung berichten sehr oft auch, dass sich der Blick aufeinander im Positiven verändert: Wer sich für andere Menschen ins beste Licht rückt, tut das ganz automatisch auch für die Partnerin oder den Partner. Ob Kleidungsstil, Körperpflege oder Hobbys, wer gut ankommen will, lässt sich garantiert nicht gehen. Damit arbeitet man einem weiteren Beziehungskiller aktiv entgegen. Auch die Erotik innerhalb der Beziehung wird dadurch meistens wieder neu entfacht.
Individuelle Neigungen wollen befriedigt werden
Während man sich in der jungen Beziehung gegenseitig kennenlernen muss, entwickelt man sich später gemeinsam weiter. Dennoch setzt sich die Verbindung aus zwei Individuen zusammen, die vielleicht auch ganz eigene Neigungen neu entdecken. Das können sexuelle Leidenschaften sein, aber auch ein neues Hobby, das die Partnerin oder der Partner so nicht teilt.
Natürlich braucht es ein offenes Wort und ein offenes Ohr, um ein paar Grundregeln festzulegen. Hier kann durchaus auch ein Veto-Recht festgelegt werden. Damit entsteht eine Basis, auf der sich eine Beziehung in glücklicher Form öffnen lässt.
Was sind die Grundvoraussetzungen für eine offene Beziehung?
Paare, die einander vertrauen, offen miteinander umgehen und auch mit den ‚Marotten‘ des anderen umgehen können, bringen die Grundparameter für diese Beziehungsform bereits mit. Wesentlich ist auch, dass beide Partner eine gleichberechtigte Partnerschaft führen, in der es also keine hauptsächlich tonangebende Person gibt.
Aber auch dann ist es eine Sache der inneren Einstellung: Es ist nicht zwangsläufig als rückschrittliche Verbohrtheit zu bezeichnen, wenn jemand die Partnerin oder den Partner in erotischer Hinsicht mit niemandem teilen möchte. Außerdem ist es durchaus möglich, dass nur der eine Teil Lust auf neue Abenteuer und fremde Haut verspürt, während der andere mit dem Status Quo vollkommen glücklich und zufrieden ist. Hier gibt es natürlich keinen Zwang, dass sich beide nach außen öffnen müssen.
Wie findet man neue Leute für lustvolle Erlebnisse?
Diese Frage kann im Prinzip genauso beantwortet werden, wie es im Hinblick auf die Partnersuche von Singles der Fall ist.
Im Freundeskreis, in der Nachbarschaft oder im Berufsleben können sich durchaus nicht nur freundschaftliche Kontakte vertiefen, sondern auch erotische Leidenschaften entwickeln. Ein großer Vorteil ist, dass die Partnerin beziehungsweise der Partner häufig in diese Anbahnung einbezogen werden kann – und wenn es nur durch das offene Gespräch ist. Allerdings entstehen die neuen Leidenschaften mit Menschen aus diesen Personenkreisen oftmals ganz ungeplant. Und bekanntlich ist in vielen Partnerschaften zum entsprechenden Zeitpunkt noch vollkommen ungeklärt, wie offen die Beziehung eigentlich ist.
Alternativ bieten sich Dating-Communities im Internet an. Dort können sich nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Paare ein Profil anlegen und ihr passendes Gegenüber finden. Klar, dass Vertrauen hier das A und O ist: In vielen Fällen wird das Profil nicht von beiden aktiv genutzt. Gerade dann gilt immer, dass man auch im Sinne der Partnerin beziehungsweise des Partners kommuniziert – oder gar nicht.
Die Beziehung im Swingerclub öffnen: eine gute Idee?
Lieber nicht! Natürlich gibt es keine Einwände, als offenes Paar gemeinsam einen Club zu besuchen. Dieser ist aber definitiv der falsche Ort, um aus der zuvor hundertprozentigen Monogamie in eine neue Offenheit zu starten. Denn der Besuch ist ein emotional aufrüttelndes Erlebnis, das wahrscheinlich nicht beide in gleicher Weise empfinden. Wenn einer bereits beim wilden Durcheinander auf der Spielwiese mitmischen will, während die oder der Andere sich sogar auf dem Stuhl an der Theke wie im falschen Film fühlt, bringt das schlimmstenfalls die bestehende Beziehung ins Wanken.
Fakt ist: Auch eine offene Beziehung wird auf der Gefühlsebene geführt. Mit dem richtigen Fingerspitzengefühl kann sie ganz großartig werden. Dort, wo selbiges nicht vorhanden ist, ist die monogame Beziehungsform definitiv die bessere Wahl.