Meistens macht es keinen Spaß, die Nachrichten zu verfolgen, denn die sind bekanntlich fast immer negativ. Dabei gehen die guten News leider schnell unter. Unter anderem, dass weite Teile Europas so tolerant sind wie nie zuvor. Und das gilt auch nach der Europawahl, auch wenn die rechtskonservativen Parteien viele Stimmen hinzugewinnen konnten.
Seit Conchitas ESC-Teilnahme ist viel passiert
Plötzlich steht ein bärtiger Mensch im eleganten Kleid auf der Bühne und schmettert eine Hymne, wie man sie auch in einem James-Bond-Film unterbringen könnte. Genau dieser Auftritt hat den Europäern einen Spiegel vorgehalten. Im Norden und Westen des Kontinents war man fast flächendeckend begeistert. Im Osten hingegen erkannte man in Conchita ein weiteres Beispiel für die vermeintliche Verkommenheit des Westens. Doch es war grandios, wie man dort damit umgegangen ist. Man nahm die Intoleranz achselzuckend zur Kenntnis und fühlt sich mit dem frischen Wind geradezu pudelwohl.
Repräsentative Umfragen zeigen die aktuelle Situation
In der ‚
Rainbowmap‘ ist die Situation der LGBTQ+-Community klar zu erkennen: Jährlich wird das Ranking aktualisiert, das die aus queerer Sicht lebenswertesten Länder auflistet. Der kleine Inselstaat Malta rangiert erneut an der Spitze einer Liste, in der Russland den traurigen Schluss bildet. Selbstverständlich geht es den federführenden Lesben- und Schwulenverbänden hierbei nicht um ein undifferenziertes Russland-Bashing. Tatsächlich errechnet sich der Score aus verschiedenen Aspekten wie
- Lebensgleichheit beziehungsweise Diskriminierung,
- rechtlicher Situation oder
- gesellschaftliche Teilhabe.
Der maximal erreichbare Wert liegt bei 100. Beim Blick auf die europäischen Länder zeigt sich ein sehr differenziertes Bild.
Das ist die Top Ten:
1. Malta: 87,84 % |
6. Finnland: 70,78 % |
2. Island: 83,02 % |
7. Griechenland: 70,78 % |
3. Belgien: 78,47 % |
8. Luxemburg: 70,04 % |
4. Spanien: 76,41 % |
9. Norwegen: 69,53 % |
5. Dänemark: 76,35 % |
10. Portugal: 67,14 % |
Zuwanderung und Vielfalt? 39 % der Menschen sind skeptisch oder komplett ablehnend
Deutschland folgt in der Rainbowmap mit 66,13 % auf Rang 11. Hier ist die Lage differenzierter als in vielen anderen Ländern: Tendenziell ist man in den Metropolen toleranter als auf dem Land und in den neuen Bundesländern konservativer als im Westen. Menschen, die sich der LGBTQ+-Community zurechnen, stoßen auf vergleichbare Ressentiments wie Zuwanderer. Im Jahr 2017 hat das Forschungsinstitut infas mehr als 5.000 Menschen über ihre Sicht auf das
Zusammenleben in Deutschland befragt. Dabei zeigten sich verschiedene Gesichter der Ablehnung beziehungsweise Intoleranz. Insgesamt
Die Zweifler (10,5 %) sind sozial gut eingebundene und sozio-ökonomisch abgesicherte Konservative. Die Ablehnung einer bunten Gesellschaft speist sich hier aus einer grundlegenden Wertvorstellung.
Die Verunsicherten (16,3 %) sind unpolitische Menschen, die lokal eng verwurzelt sind und sich in einer sozio-ökonomisch stabilen Situation befinden. In diesem Personenkreis ist die Sorge vorherrschend, die persönliche wie gesellschaftliche Situation könne sich zum Negativen verändern.
Die Frustrierten (7,8 %) ist eine Gruppe, die insbesondere in den neuen Bundesländern stark vertreten ist. Hierbei handelt es sich um Menschen, die sich persönlich in einer wirtschaftlich prekären Situation befinden. In strukturschwachen Regionen treten die Frustrierten häufig nicht als Einzelpersonen, sondern aus Gruppe in Erscheinung.
Die Ausgegrenzten (4,2 %) sind Menschen, die sich in einer sozio-ökonomisch schlechten Lage befinden. Geringe Bildung und Arbeitslosigkeit unterfüttern die Situation zusätzlich. Soziale Kontakte sind spärlich oder gar nicht vorhanden. In dieser Gruppe herrscht ein besonders großes Ungerechtigkeitsempfinden, das sich in Form von starker Intoleranz abbildet.
Zwar geht die Ablehnung von Zuwanderung nicht 1:1 einher mit der Intoleranz gegenüber der LGBTQ+-Community. Dennoch gibt es große Schnittmengen. Zudem finden sich auch unter den Zuwanderern zahlreiche queere Menschen, die mit einer
mehrfachen Diskriminierung zu kämpfen haben.
Die Charta der Vielfalt setzt sich für die Förderung von Diversität ein
Diversity ist keine Privatsache, sondern gesamtgesellschaftliche Realität. In Schulen, Universitäten, Behörden und immer öfter auch am Arbeitsplatz trägt man dieser Tatsache Rechnung. Und das mit großartiger Unterstützung!
Die
Charta der Vielfalt e. V. ist eine bedeutende Initiative zur Förderung von Diversität in Unternehmen und Institutionen in Deutschland. Der Verein wurde 2006 ins Leben gerufen. Er basiert auf der Urkunde „Charta der Vielfalt“. Diese erstellten Unternehmer und Politiker gemeinsam, um die Anerkennung und Integration von Vielfalt in der Arbeitskultur zu fördern. Im Januar 2011 überführte man die Initiative in einen Verein.
Das Ziel der Initiative ist es, ein Vorurteils-freies Arbeitsumfeld zu schaffen und sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter unabhängig von
- ihrem Alter,
- ihrer ethnischen Herkunft Nationalität,
- ihrem Geschlecht und ihrer geschlechtlichen Identität,
- ihren körperlichen und geistigen Fähigkeiten,
- ihrer Religion und Weltanschauung,
- ihrer sexuellen Orientierung und
- sozialen Herkunft
Wertschätzung erfahren.
Bis heute haben über 4.900 Organisationen die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Dadurch repräsentieren über 15 Millionen Beschäftigte die Charta. Der Verein wird von 38 Mitgliedsorganisationen getragen und von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan, unterstützt. Schirmherr der Charta der Vielfalt e. V. ist Bundeskanzler Olaf Scholz.