Die Welt ist bunt. Im alltäglichen Sprachgebrauch ist das Monochrome deshalb eher negativ konnotiert. Schwarzweißseher werden skeptisch beäugt, während das fantastillionenweite Farbspektrum der neuesten Digitalkameras in den Himmel gelobt wird. Dennoch gibt es Bereiche, in denen sich das schwarzweiße Farbschema bis heute erhalten hat. Die Fotografie ist dafür ein prägnantes Beispiel.
Die ersten Fotografien waren monochrom
In den 1820er-Jahren war es nicht weniger als eine technische Revolution, Bilder ohne Zuhilfenahme eines Mal- beziehungsweise Schreibwerkzeugs auf ein Trägermaterial übertragen zu können. Damals hätte noch niemand über die heute mögliche Echtfarben-Fotografie nachgedacht. Vielmehr feierte man jene Aspekte der Schwarzweißaufnahmen, die noch heute ihren Zauber ausmachen.
- Form,
- Textur und
- Schattierung
eines Motivs treten aufgrund der fehlenden Kolorierung auf besondere Weise in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das gilt insbesondere bei menschlichen Motiven, wie man bereits in den Anfängen der neuen Fototechnik feststellte. Deshalb verwundert es kaum, dass bis zur Erstellung erster Aktfotografien und
erotischer Aufnahmen nur wenige Jahre vergingen.
Viele schwarzweiße Bilder sind zeitlos
Auch diese Erkenntnis machte man bereits im 19. Jahrhundert – und vielen mit der Fotografie befassten Menschen war die Tatsache ein echter Dorn im Auge. Denn der damalige Zeitgeist war besonders progressiv: Man fotografierte gerne und mit zunehmender Häufigkeit, wollte dabei aber tunlichst nicht die Vergangenheit festhalten. Die Erfindung der Farbfotografie im Jahr 1861 war deshalb eine weitere Revolution, die man nicht nur in der jungen Branche mit Begeisterung feierte.
Indes: Es sollte ab diesem Zeitpunkt noch mehr als 100 Jahre dauern, bis sich die Farbfotografie als üblicher Standard durchsetzte. Die Bilder vieler Zeitschriften wurden erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts farbig, bei Tageszeitungen sollte es sogar bis nach der Jahrtausendwende dauern. Zeigt man heutigen Digital Natives Bilder aus der schwarzweißen Vergangenheit, wird die zeitliche Einordnung oftmals zu einer echten Herausforderung: Stammt das Foto womöglich aus den 1970er-Jahren? Oder ist es doch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden? Und auch ältere Generationen müssen sich die Antworten oft mühsam herleiten, etwa durch die Analyse von Frisuren oder mitabgebildeter Technik.
Warum entstehen noch heute neue Schwarzweißbilder?
Es ist unstrittig, dass Farbbilder mehr Informationen transportieren, als es bei monochromen Aufnahmen der Fall ist. Das ist bei vielen Anwendungen ein unschätzbarer Vorteil, etwa bei aktuellen Nachrichten. Die Kunst hingegen spielt auf ihre eigene Weise mit Informationen: Mal werden die Sinne regelrecht überschüttet, während sie anderswo durch das Weglassen getriggert werden. Hier kommt die schwarzweiße Fotografie ins Spiel. Natürlich ist die Farbfotografie eine omnipräsente, erschwinglich nutzbare Technik.
Doch der Zauber vieler Motive ist das bereits erwähnte Spiel mit Licht und Schattierungen, das sich monochrom am besten inszenieren lässt. Natürlich mit den technischen Methoden der heutigen Zeit: Bei Aspekten wie Ausleuchtung oder Bildschärfe lässt man die gleiche Akribie walten, wie es bei Farbfotos der Fall wäre. Und nicht wenige Farbaufnahmen schickt man bei der Nachbearbeitung durch einen Sepia- oder Schwarzweiß-Filter. Grund dafür? Weil es einfach besser aussieht. Das gilt auch für viele erotische Fotografien und Aufnahmen aus der
Aktfotografie.