Klingt im ersten Moment kompliziert? Mag sein, ist es aber eigentlich gar nicht. Vielmehr ist es ein Ausdruck einer gesunden Toleranz innerhalb der BDSM-Szene, die sich aber auch auf andere Fetisch- und kinky Lebenssituationen übertragen lässt. Denn wenngleich viele Fetische, Kinks und Faibles ziemlich speziell sind, gibt es dennoch Gründe, dass sie ihre Fans haben. Insofern ist es gar kein Drama, dass nicht alle Menschen alle Vorlieben miteinander teilen, ganz im Gegenteil, kann man so doch an seinem eigenen gesunden Maß an Verständnis und Toleranz arbeiten und dafür sorgen, dass sich alle wohl und sicherfühlen. Völlig unabhängig von der Frage, ob man BDSMler*in, anderweitig kinky oder Vanilla ist.
Warum ist das Motto „YKINMKBYKIO“ überhaupt relevant?
Bitte was? „YKINMKBYKIO“ ist die Kurzfassung von „Your Kink is not my kink, but your kink is okay“ – also einfach der englischen Variante des deutschen Ausdrucks in der Überschrift. Und es ist insofern gut, sich mit diesem Ansatz zu beschäftigen, weil er nicht nur im Austausch von BDSMler*innen und
Vanillas das Aufheben von Diskrepanzen konstruktiv fördern kann, sondern auch für BDSMler*innen untereinander (und natürlich ebenso für andere Kinkster) gilt.
Denn obwohl es eigentlich ein wenig absurd klingt, ist Kink Shaming auch unter diesen keine Seltenheit, sondern kommt häufiger vor, als man vielleicht denken möchte. Diesbezüglich können beispielsweise Fans von
Ageplay |
DD/lg |
Rape Play |
TPE |
Spielen mit Exkrementen |
oder bestimmte Petplay-Varianten |
ein Lied singen. Aber das ist genau das Gegenteil von dem, was eigentlich passieren sollte, weil das
Kink-Shaming die Bedenken bezüglich der Ablehnung der eigenen Vorlieben durch andere nur noch mehr befeuert. Und in der Konsequenz ziehen sich viele Betroffene (noch weiter) in ein Schneckenhaus zurück. Wobei es ja eigentlich um das genaue Gegenteil kommen sollte, gekonnt und konstruktiv mit den eigenen und anderen erotisch-sexuellen Vorlieben umzugehen, selbst wenn man manches nicht zu den eigenen Faibles zählt.
Worauf kommt es dabei an?
Nicht falsch verstehen: Wenn man sagt „Your kink is not my kink, but your kink is okay“ bedeutet das innerhalb der BDSM-Community (und auch in deren Gruppen) nicht, dass man dadurch einem prinzipiell falschen, negativen und verletzendem Verhalten Tür und Tor öffnen sollte oder sogar muss. Außerdem braucht man sich deswegen nicht für alles zu begeistern oder jede Vorliebe über den grünen Klee zu loben, nur weil andere Personen darauf stehen.
Vielmehr soll jeder den Freiraum für seine eigenen Fantasien und seine Sexualität erhalten – aber auf eine Weise, die anderen weder den Raum zum Atmen nimmt noch diese entgegen ihres Willens einbezieht. Schließlich hat jeder seine eigenen Grenzen / Limits, die jeweils Respekt verdienen. Diese brauchen jedoch nicht gleichzeitig die aller anderen kinky Personen zu sein.
Ein gutes Beispiel dafür, …
… wo eine solche Grenze bei BDSM, Kinks und Fetischen eine solche Grenze aussehen kann, ist der Umgang mit Alkohol. Denn einerseits gibt es eine Trinkkultur, die den Eindruck vermittelt, dass trinkende Personen locker und gesellig seien. Andererseits
- besteht kein Consent mehr, wenn eine*d der Beteiligten angetrunken oder vollständig betrunken ist und ihre Zustimmung nicht mehr bewusst gibt.
- fällt das Spielen unter Alkohol nicht mehr unter „sane“ (zurechnungsfähig), weil man oft risikofreudiger und unachtsamer handelt.
- kann Alkohol dazu führen, dass man seine Grenzen nicht mehr überdacht verschiebt, was wiederum (fatale) zwischenmenschliche wie körperliche Folgen haben kann.
- besteht die Möglichkeit, dass es zu körperlichen Beeinträchtigungen wie Verschlechterungen des Gleichgewichtssinns, getrübten Wahrnehmungen, Kreislaufinstabilität und verminderten Reaktionszeiten kommt.
- kann Alkohol dazu führen, dass man seine Grenzen nicht mehr überdacht verschiebt, was wiederum (fatale) zwischenmenschliche wie körperliche Folgen haben kann.
- passiert es, dass man Signale anderer Personen nicht mehr richtig deutet.
Und das betrifft natürlich nicht nur kinky Erlebnisse unter Alkohol, sondern auch unter Betäubungsmitteln, Drogen und Co. Es ist natürlich vollkommen legitim, gemeinsam ein Glas Wein zu trinken und dennoch gemeinsam zu spielen, wenn die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet sind. Daran ist auch rechtlich zunächst einmal nichts Illegales. Man sollte jedoch immer darauf achten, dass man das Risiko, eigene Grenzen und die seines Gegenübers nicht unnötig in Mitleidenschaft zieht.