Andere Länder, andere Sitten – und andere Schönheitsideale. Während einige einen durch und durch schlanken Körper bevorzugen, dreht sich bei anderen alles um die 90-60-90 Formel. Auch hohe Wangenknochen, eine kleine Nase oder eine bestimmte Hautfarbe, gerade beim Teint, sind bekannte Merkmale. Woran liegt das? Und was ist diesbezüglich in Europa und Südostasien besonders gefragt?
Europa mag es inzwischen dezent gebräunt
Dass sich Schönheitsideale wie der Teint wandeln können, beweist der europäische Umbruch zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert. So galt zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert ein blasser Teint als erstrebenswert. Das lag daran, dass primär die Bäuer*innen und Handwerker*innen, die zu den unteren Gesellschaftsschichten zählten, gebräunt waren. Adlige dagegen, welche keine schweren Arbeiten unter der Sonne leisten mussten, wollten sich mit ihrem hellen Teint bewusst davon abgrenzen. Sie versuchten, ihn sich durch die Nutzung von Sonnenschirmen, Schminke und dem In-Räumen-Bleiben zu erhalten.
Ein Wandel trat erst ein, als man begann, sich für Urlaube im Süden zu begeistern – und damit für eine gebräuntere Haut. Und das hatte zur Folge, dass ab dem 20. Jahrhundert (speziell in dessen zweiter Hälfte) der Strandurlaub am Mittelmeer zum Statussymbol wurde. Knackpunkt daran: Die Arbeiterklasse konnte sich diese Erholung oft nicht leisten. Eine blasse Haut galt und gilt daher oftmals an Anzeichen dafür, dass man aus einem unbekannten Grund krank sei oder permanent im Innenraum sitzen und arbeiten müsse. Irgendwie nicht sonderlich erstrebenswert, oder …?
Indes: Während es in primär in den 1970ern und 1980ern gerade in Deutschland gängig war, sich quasi bis auf die Knochen zu bräunen, kam man ab den 1990ern doch auf die Idee, dass so viel UV-Strahlung der Hautgesundheit doch nicht zuträglich sein kann. Der Hautkrebs lässt grüßen. Und insofern ist insofern inzwischen ein Kompromiss gefragt: Nicht so braun, dass es fahrlässig wirkt – aber auch eben nicht so blass, dass es wirkt, als würde man nie die Innenräume verlassen …
Je heller, desto besser? – der asiatische Porzellan-Teint
„Yi bai zhi bai chou“ – „Wer weiße Haut hat, dem werden hundert Makel verziehen“.
Es ist ein altes chinesisches Sprichwort, was ein weitverbreitetes Schönheitsideal bei Frauen in vielen asiatischen Ländern auf den Punkt bringt: den Wunsch nach einer schönen, reinen und vor allem weißen Haut. Für solche Frauen gibt es in China sogar einen eigenen Begriff, „Bihaku“. Und auch in Japan hat eine so helle Haut Tradition – man denke etwa an die Adligen Damen, die ihre Gesichter weiß schminkten, damit diese in der Dunkelheit leuchteten und wunderbar mit seidenen Kimonos harmonierten. So wartet(e) es sich doch gleich viel besser und attraktiver auf den Hausherren.
Eine zarte oder auch etwas kräftigere Bräune als Ausdruck von Gesundheit und Lebensfreude? In Asien ist sie eher nicht zu finden, denn wenngleich viele Schönheitstrends und -ideale auch dort ihre Fans finden, bleiben Asiat*innen in puncto Teint ziemlich eisern.
- Anmut,
- Wohlstand,
- Weiblichkeit –
all das ist und bleibt mit einer hellen Haut verbunden. Das sieht man unter anderem in Singapur und anderen Ländern, in denen der Status eines Mannes immer noch mit der Hautfarbe seiner Frau verbunden wird. Je heller ihre Haut ist, desto reizvoller erscheint sie dort für viele Männer – und desto höher schätzen viele Familien den Wert der Frau auf dem Heiratsmarkt ein. Was nicht zuletzt daran liegt, dass die Haut von Asiat*innen mehr Melanin als die von Europäer*innen enthält und Personen mit einer blassen Haut ohnehin eher selten anzutreffen sind.
Was erscheint also als Lösung?
das Meiden der Sonne |
der Griff zu Kosmetika mit extrem hohen Lichtschutzfaktoren und teilweise auch mit Bleichmitteln und anderen hautaufhellenden Inhaltsstoffen |
das Tragen von langärmliger Kleidung, Gesichtsmasken und teilweise auch Handschuhen |
das Mitnehmen von Sonnenschirmen bei Spaziergängen |
Es gibt sogar Schätzungen von Marktforschungsinstituten, die nahe legen, dass in China knapp zwei Drittel (60 %) der verkauften Gesichtspflege-Produkte in den Bereich der Bleichmittel und Aufhellungskosmetik fallen könnten. Aber nicht nur das: In manchen Ländern wie Indonesien und den Philippinen ist es erlaubt, Vitamin C oder Glutathion (ein Antioxidans) zu injizieren oder sogar intravenös zu verabreichen. Und auch die Anwendung von Licht- und Lasertherapien ist keine Seltenheit, wobei die Wirkungen nicht unbedingt erwiesen und die Anwendungen oft mit potenziellen Risiken verbunden sind.
Vielleicht ist es also gar nicht so schlecht, dass sich in manchen asiatischen Ländern wie Japan in den Jugendkulturen Gegenbewegungen bilden. Stichwort „Ganguro“ – „Schwarzes Gesicht“, ein meist junges Mädchen, das sich seine Haut bewusst bräunt. Man darf aber natürlich gespannt sein, wie sich das Ganze weiterentwickelt und in, inwiefern die tatsächliche Hautgesundheit letztlich eine entscheidende Rolle spielt.
Fazit? Einer schöner Teint sollte nicht auf Kosten der Gesundheit gehen!
Keine Frage ist es verständlich, dass viele Menschen sowohl in Europa als auch (Südost-) Asien versuchen, das jeweilige Ideal des jeweils gewünschten Teints zu erreichen. Man sieht aber auch, dass Schönheit nicht nur im Auge des Betrachters liegt, sondern vorrangig von dessen kulturellem Hintergrund abhängt. Umso wichtiger also, dass die Gesundheit dabei ein größeres Mitspracherecht erhält. Denn immerhin sind sowohl
- langes Sonnenbaden (auch im Solarium) inklusive Sonnenbrand oder zumindest einer vermehrten UV-Strahlung, die das Hautkrebsrisiko steigert als auch
- die Verwendung von Whitening-Produkten mit gefährlichen Stoffen wie Wasserstoffperoxid und Quecksilber oder
- oder das ständige Meiden des Tageslichts, was unter anderem einen Vitamin-D-Mangel nach sich ziehen kann,
nicht zu empfehlen. Wobei wir wieder bei der europäisch-mittelalterlichen Idee des „rehten mâze“, des richtigen Maßes, sind. Und das sollte nun wirklich nicht aus der (internationalen) Mode kommen. Auch nicht bei den Schönheitsidealen und dem Teint …