Zuerst trennt man den zuvor gemeinsamen Alltag, dann geht man in getrennten Schlafzimmern zu Bett und irgendwann hat man der Beziehung komplett die Basis entzogen. So jedenfalls lautet ein häufiges Vorurteil, wenn Paare nicht mehr gemeinsam im Bett schlafen. Aber ist das wirklich so? Wir gehen dem Phänomen näher auf den Grund.
Welchen Einfluss haben getrennte Schlafräume auf den Sex und den Schlaf?
Für die meisten Menschen ist die Sache klar: Einzelbetten sind eine Sache für Singles, während Paare sich ein Doppelbett ins gemeinsame
Schlafzimmer stellen. Das „Ehebett“ als alternative Bezeichnung kommt nicht von ungefähr. Dennoch ist die Entscheidung für getrennte Schlafplätze gar nicht so ungewöhnlich – und damit ist nicht gemeint, dass ein Partner nach einem Streit mal eine Nacht auf dem Sofa verbringt. Vielmehr geht es darum, dauerhaft voneinander getrennt zu nächtigen, was manchmal auch als „Schlaf-Scheidung“ bezeichnet wird. In diesem Begriff schwingt natürlich ein negativer Kontext mit: Paare, die sich zwar den Tisch, aber nicht mehr das Bett teilen, scheinen sich unweigerlich auf eine Trennung zuzubewegen.
Die Wahrheit ist aber: Es kommt darauf an
So deuten tatsächlich Studien darauf hin, dass getrennte Schlafzimmer ein Zeichen von Disharmonie sein können. Andere Untersuchungen halten dagegen. Demnach wirkt man potenziellen Unstimmigkeiten sogar entgegen, da man sich durch Schnarchen oder unterschiedliche Gewohnheiten (z.B. Schlafens- und Aufstehzeiten, Lesen oder Fernsehen im Bett, die Handynutzung, die Verdunkelung im Schlafraum) nicht gegenseitig die Nachtruhe rauben kann.
- So kam das „Zentrum für Integrative Psychiatrie“ in einer Studie mit 12 jungen, gesunden Paaren zu dem Schluss, dass der REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) bei Paaren, die gemeinsam in einem Bett schliefen, um etwa zehn Prozent länger und seltener unterbrochen war. Da diese Schlafphase wichtig für das Gedächtnis, die Steuerung von Gefühlen und die soziale Interaktion ist, wird diese Erkenntnis allgemein als vorteilhaft betrachtet. Allerdings merken kritische Stimmen an, dass die Gruppe der Teilnehmenden zu klein und zu jung war, um repräsentative Ergebnisse abzubilden.
- Die Londoner Schlafforschungsgesellschaft kommt zu einer anderen Beurteilung. So fanden die dort Forschenden heraus, dass sich verfügbarer Platz im Bett maßgeblich auf die Schlafqualität auswirken kann. Schläft ein Paar in getrennten Betten, haben beide mehr Bewegungsfreiheit, können sich deshalb besser erholen und starten entspannter in den neuen Tag.
- Die Schlussfolgerungen der Londoner Fachleute passen auch zu den Erkenntnissen des amerikanischen „Better Sleep Councils“. Dort vertritt man die Ansicht, dass Paare, die den Schlaf in einem gemeinsamen Bett für wenig erholsam halten, durch eine „Schlaf-Scheidung“ an Schlaf- und damit an Lebensqualität gewinnen können.
Während der Coronapandemie mit ihren Lockdowns samt Homeoffice und Homeschooling entschieden sich deutlich mehr Paare für getrennte Schlafzimmer. Diese Tendenz war häufig auch ein Mittel gegen den Lagerkoller, denn so konnte man sich wenigstens für die Nachtruhe den vorher gewohnten Freiraum genehmigen. Berichten zufolge sorgte dies in der Partnerschaft beziehungsweise in der Familie für die Reduzierung von Konflikten.
Also sind die getrennten Schlafzimmer unter dem Strich die beste Lösung?
Das gilt für viele, aber nicht für alle Paare. Schlafforscherin Der. Wendy Troxel betont, dass es keinen allgemeingültigen Königsweg gibt. Wichtig ist demnach die Einigkeit innerhalb der Beziehung, denn immerhin verbringt man einen Großteil seiner freien Stunden im Schlaf. Und das ist gut und wichtig so, denn ausgeruhte Menschen sind erwiesenermaßen konzentrierter, glücklicher, ausgeglichener und attraktiver, was letztlich auch der / dem Partner*in zugutekommt. Daher sollte man stets gemeinsam den richtigen Weg zu einer für beide erholsamen Nachtruhe suchen. Diese Erkenntnis kann man auch aus einer
repräsentativen Studie ziehen, die 2023 im Auftrag der Datingseite Elitepartner.de durchgeführt wurde.
Die Frage nach dem gemeinsamen Schlafplatz oder getrennten Schlafräumen ist also letztlich immer eine Einzelfallentscheidung. Für die ist es unbedingt erforderlich, einander zuzuhören und
Verständnis für das Gegenüber zu haben. Dann findet sich fast immer eine für beide Seiten adäquate Lösung. Vielleicht besteht die aus der versuchsweisen beziehungsweise gelegentlichen Schlaf-Scheidung – möglicherweise ist es aber auch schon mit dem Kauf eines größeren Doppelbettes und einem Anti-Schnarch-Kissen getan.