Viele Entscheidungen zur Lebensführung der Menschen werden längst nicht mehr in Berlin, sondern in Brüssel und Straßburg beschlossen. Dementsprechend wichtig ist die Teilnahme an der Wahl zum europäischen Parlament. Doch wo bringt man das eigene Kreuzchen am besten unter? Auch der Umgang der jeweiligen Partei mit Themen wie Ehe, Familie und Sexualität sollte hierbei eine Rolle spielen.
Es ist nicht möglich, in die Zukunft zu schauen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sich die deutschen Wähler*innen bei der anstehenden Wahl aber vordergründig zwischen den hier genannten Parteien und Gruppierungen entscheiden. Die Reihenfolge ist rein zufällig.
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD): Die Kanzlerpartei unterstützt alle Menschen mit Kindern. Demnach sind ihr alle Familienmodelle willkommen. Zudem setzen sich die Sozialdemokraten für die sexuelle Selbstbestimmung ein. In diesem Zusammenhang setzen sie auf ein respektvolles Miteinander ohne sexuelle Diskriminierung.
Die freie Entfaltung junger Menschen ist für die SPD ein wesentliches Anliegen. Dies gilt ausdrücklich auch im Hinblick auf die sexuelle beziehungsweise geschlechtliche Identität. Ein zeitgemäßer Sexualkundeunterricht ist aus Sicht der Partei hierfür eine wesentliche Säule. Im Unterricht sollen nicht Ideologien und
Moralvorstellungen im Mittelpunkt stehen, sondern die Vermittlung von Wissen.
Bündnis 90 / Die Grünen: Für die Bündnisgrünen haben unterschiedliche Familienmodelle einen gleichberechtigten Stellenwert. Ausdrücklich treibt die Partei die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften voran. Auch
queeren Menschen möchte die grüne Partei eine gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
Überall dort, wo Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder geschlechtlichen Orientierung angegriffen werden, versteht Bündnis 90 / Die Grünen keinen Spaß. Bereits bei der schulischen Sexualkunde soll die sexuelle Vielfalt thematisiert werden, um Vorurteile abzubauen und Toleranz zu festigen. Natürlich soll dies ausdrücklich aus Basis der Werteordnung des deutschen Grundgesetzes geschehen.
Freie Demokratische Partei Deutschlands (FDP): Die liberale Partei unterstützt aktiv das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. In diesem Zusammenhang möchte die FDP Ärzt*innen das Recht einräumen, Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen öffentlich bereitzustellen. Ein weiteres Anliegen ist den freien Demokraten ein nationaler Aktionsplan für den Schutz und die Akzeptanz sexueller Vielfalt. Dies soll der Queerfeindlichkeit entgegenwirken. Zudem möchte die FDP ein Verbot der Diskriminierung aufgrund sexueller Identität im Grundgesetz verankern.
In der Partei gibt es Pläne, das
Transsexuellengesetz abzuschaffen, um es durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Partnerschaften, in denen die Parteien füreinander Verantwortung übernehmen, möchte die FDP besonders nachdrücklich fördern. Geht es nach den Liberalen, sind nicht nur Paarbeziehungen, sondern auch Gemeinschaften mehrerer volljähriger Personen jedweden Geschlechts anerkennbare Modelle.
Christlich Demokratische Union / Christlich Soziale Union (CDU / CSU): Für die Unionsparteien haben Ehe und Familie traditionell einen hohen Stellenwert. Allerdings öffnen sich Teile der Parteien zaghaft für neue Modelle wie die ‚Ehe für alle‘. Hier erweisen sich Christdemokraten und Christsoziale allerdings nicht als Vorreiter, was sich auch durch konservative Wählerschichten und die Nähe zur christlichen Kirche erklären lässt.
Im Allgemeinen geht die Partei mit neuen Ehe- und Partnerschaftsmodellen pragmatisch um. Wenngleich man sich in den Unionsparteien weiterhin für konservative Werte (inklusive des althergebrachten Ehe- und Familienmodells) einsetzt, wird die Diskriminierung aufgrund sexueller oder geschlechtlicher Identität nicht akzeptiert. Toleranz, Gleichheit und Selbstbestimmung sind auch für Unionspolitiker*innen wichtige Grundsätze.
Die Linke: Die Linkspartei unterstützt eine emanzipatorische Politik, in der die geschlechtliche Vielfalt mitsamt unterschiedlichen Lebensweisen gefördert wird. Die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Transsexuellen und intersexuellen Menschen ist für die Linke ein wesentliches Anliegen.
Die entsprechenden Ziele sollen nach Meinung der Linken schon im Schulunterricht verfolgt werden. In einer zeitgemäßen Sexualkunde sollen Schüler*innen über die sexuelle Vielfalt und einen respektvollen, diskriminierungsfreien Umgang miteinander aufgeklärt werden.
Alternative für Deutschland (AfD): Im Hinblick auf Sexualität und Ehe vertritt die AfD die konservativste Position der hier aufgezählten Parteien. So betrachtet man die Ehe zwischen Mann und Frau nach wie vor als primäres Lebensziel. Dies sollte nach dem Willen der Partei auch in der schulischen Sexualkunde so vermittelt werden: Anstelle einer Aufklärung über die sexuelle Vielfalt und ein breites Spektrum geschlechtlicher Identitäten soll das traditionelle, althergebrachte Modell im Zentrum des Unterrichtes stehen.
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Die erst im Januar 2024 gegründete Partei hat zu Themen wie sexuelle Selbstbestimmung oder Ehe und Partnerschaft bislang keine Stellung bezogen. Da die meisten Mitglieder des BSW zuvor allerdings Mitglieder der Linkspartei waren oder dieser ideologisch nahestanden, dürften die Positionen auch in diesen Fragen recht ähnlich sein. Es lohnt sich jedoch gerade beim BSW, nach der Auffassung der zu wählenden Personen zu recherchieren.