Die Bezeichnung Safer Sex stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „geschützter Sex“. Sie wurde primär im Zusammenhang mit der Verbreitung von AIDS / HIV bekannt und dient dazu, ein Vorsichtsmaßnahmenbündel zu beschreiben, das der Risikominimierung einer Ansteckung mit STI dient. Wesentlich dabei ist die Nutzung des Komparativs, was bedeutet, dass ein hundertprozentiger Infektionsschutz nur durch den totalen Verzicht auf einen Sexual- und Körperkontakt möglich ist. Beim Safer Sex geht es also darum, das Infektionsrisiko (und indirekt auch das einer Schwangerschaft) dadurch herabzusetzen, dass die Körperflüssigkeiten der einen Person in den Körper oder in offene Wunden der anderen gelangen.
Wie funktioniert Safer Sex?
Im Fokus des Safer Sex steht ein Verhalten, das verhindert, dass die Körperflüssigkeiten der einen Person, man denke etwa an
- Speichel,
- Blut,
- Sperma oder
- das Vaginalsekret
in den Körper der zweiten Person gelangen und umgekehrt. Die Idee dahinter ist, das Risiko zu minimieren, dass krankheitsauslösende Viren, Bakterien, Pilze oder andere Keime mit Schleimhäuten und offenen Wunden in Kontakt kommen können. Dabei ist zu beachten, dass die Konzentration der Krankheitsauslöser in verschiedenen Körperflüssigkeiten unterschiedlich hoch ausfallen kann. So ist sie beispielsweise im Blut oft am höchsten; doch auch im Vaginalsekret oder im Sperma lassen sich oft nennenswerte Werte messen.
Umso wichtiger ist es im Sinne des Safer Sex, die Schleimhäute von
- Augen,
- Nase,
- Mund,
- Vagina,
- Eichel
- und Anus
vor einem Kontakt mit Körperflüssigkeiten zu schützen. Dabei gilt als Faustregel, dass das Eindringen von Erregern in das Gewebe umso einfacher wird, je stärker das Gewebe beansprucht wird. Es empfiehlt sich also, bei verschiedenen Sexpraktiken verschiedene Hilfsmittel zum Schutz zu verwenden und bei Kondomen immer auf genug Gleitgel (als Befeuchtung) zu achten, damit es nicht zur Überbeanspruchung und zu Rissen kommt.
Petting:
Einmalhandschuhe |
Oralverkehr:
Fellatio: kein Schlucken, Kondome
- Cunnilingus: Lecktuch oder Femidon
(idealerweise kein Kontakt zu Menstruationsblut) |
Vaginalverkehr_
Kondome oder Femidome
|
Analverkehr:
Kondome und Gleitgel |
Prostatamassage:
Gleitgel und Einmalhandschuhe |
Fisting:
Gleitgel und Latex-Einmalhandschuhe |
Sexspielzeug:
Kondome, Reinigung vor und nach dem Gebrauch, idealerweise hat jeder sein eigenes, bei Bedarf auch desinfizieren bzw. elektronikfreie Stahl- oder Silikontoys für einige Minuten zum Sterilisieren abkochen |
Umgang mit Gruppensex:
Kondome & Femidome – möglichst eher nicht oder nur eine begrenzte Anzahl an Partner*innen (Gefahr der Körperflüssigkeiten an der Kondomaußenseite, direkter Wechsel nach dem Sex vor dem nächsten Sex ist absolute Pflicht) |
Umgang mit „blutigen“ Sexualpraktiken:
am besten lassen, da das Infektionsrisiko über den Aus-Versehen-Kontakt zum infektiösen Blut sehr hoch ist
|
Nicht zu vergessen, dass Alkohol und anderweitige Drogen die Gefahr vergrößern, dass die Hemmschwelle herabgesetzt werden und die Risikobereitschaft zunehmen kann. Außerdem können sie jeweils dazu führen, dass jemand bewusstlos wird und die Gewährleistung des Safer Sex nicht mehr sicherstellen kann. Auch in Bezug auf diese Umstände gilt es also, jeweils verantwortungsbewusst zu handeln – der eigenen Gesundheit, aber auch der*des anderen zuliebe.
Was kann man tun, wenn der Safer Sex versagt?
Safer Sex kann aus verschiedenen Gründen misslingen. Besonders häufig sind dabei
- die mangelnde Rationalität beim Handeln aufgrund eines extrem hohen Erregungslevels,
- der fehlende Respekt gegenüber der*dem anderen (was teilweise bis zur Vergewaltigung reichen kann)
- oder Schäden am Material des Hilfsmittels (wie Risse im Kondom).
Sollte es also zum Kontakt einer möglicherweise infektiösen Körperflüssigkeit mit einer offenen Wunde kommen, sollte man die betroffene Stelle schnellstmöglich gründlich waschen und desinfizieren.
Gelangt dagegen Sperma in die Vulva oder die Vagina beziehungsweise in den Anus? Dann empfiehlt es sich, die Körperpartien äußerlich abzubrausen oder zu pressen / den Stuhlgang abzusetzen, um die Virenlast zu reduzieren. Allerdings sollte man von inneren Spülungen absehen, da es dabei zu Verletzungen kommen kann oder die Krankheitserreger gegebenenfalls tiefer in den Körper gespült werden könnten.
Bei Sex mit einer Person aus einer Hochrisikogruppe oder einer bekanntermaßen HIV-positiven Person sollte man zudem direkt ärztliche Untersuchungen und Beratungen in Anspruch nehmen. Das ist innerhalb von 2 Stunden ist am besten, innerhalb von 48 Stunden muss es aber auf jeden Fall sein. Sofern die*der Partner*in dem zustimmt, kann man innerhalb von einer guten halben Stunde deren*dessen Serostatus ermitteln und bei Bedarf eine Postexpositionsprophylaxe einleiten. Auf diese Weise lässt sich das Infektionsrisiko um circa 75 % reduzieren.
Worauf sollte man bei bestimmten Krankheiten zusätzlich achten?
Keine Frage: Safer Sex funktioniert dann am zuverlässigsten, wenn man sich mit den Infektionswegen und Symptomen unterschiedlicher Geschlechtskrankheiten umfangreicher auskennt und dadurch noch genauer auf die richtigen Schutzmaßnahmen und deren adäquate Umsetzung achtet. Hier daher ein kleiner Überblick, welche Maßnahmen bei drei beispielhaft gewählten Krankheiten (nur eingeschränkt) helfen und woran das liegt.
Krankheit |
Schutzmaßnahme |
Grund |
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HPV |
Kondome (aber kein vollumfänglich ausreichender Schutz) |
lassen sich nicht nur auf Schleimhäuten, sondern auch auf der eigentlichen Haut in Genitalbereichen finden; enger Körperkontakt reicht zur Übertragung aus |
Syphilis |
Kondome (aber kein vollumfänglich ausreichender Schutz) |
befinden sich in sämtlichen Körperflüssigkeiten inklusive des Speichels, Kuss kann schon zur Übertragung führen |
Hepatitis |
Kondome / Dental Dams / Vermeidung der gemeinsamen Sextoy-Nutzung / Impfung gegen Hepatitis A und B |
sehr hohe Infektiosität (deutlich über der von HIV) - daher reicht eine wesentlich kleinere Virenlast für eine Infektion aus, somit muss man sehr aufmerksam sein |
Fazit?
Wenngleich es immer wieder Erwähnung findet, dass Safer Sex das erotische Vergnügen beschneiden kann, ist er jedoch (fast) immer obligatorisch. Dies gilt insbesondere beim Geschlechtsverkehr mit verschiedenen und wechselnden Sexpartner*innen, deren Gesundheitsstatus man nicht kennt. Aber auch – und gerade in einer offenen Beziehung – muss Safer Sex ein wichtiges Thema sein, da unter Umständen auch unbeteiligte Dritte einbezogen werden. Jemanden zum Verzicht auf ihn überreden zu wollen, ist also kein Kavaliersdelikt – zumal man ja auch selbst nicht mit STI infiziert werden möchte.
Allerdings ist es kaum mehr als ein hartnäckiges Vorurteil, dass Safer Sex weniger Spaß macht, zumal sich diverse Hilfsmittel durchaus lustvoll ins scharfe Spiel einbeziehen lassen. Und etwas Kreativität hat schließlich noch niemandem im Bett geschadet.