Immer wieder hört und liest man die Behauptung, dass Menschen nicht zur Monogamie geschaffen seien. Das ist allerdings ebenso wenig allgemeingültig wie die Gegenthese, dass die körperliche wie seelische Treue grundsätzlich das höchste anzustrebende Gut seien. Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, wenn Menschen trotz Partnerschaft eine Lust auf fremde Haut verspüren. Worauf kommt es an, wenn man ein solches Gefühl ausleben möchte?
Was genau unterscheidet einen Seitensprung von einer Affäre?
"Es war nicht geplant, es ist einfach so passiert.“ So oder so ähnlich lautet eine häufige Erklärung für den erotischen Seitensprung. Und auch wenn sie als Entschuldigung nicht immer ausreichen, entsprechen diese Worte meistens der reinen Wahrheit. Nach der Weihnachtsfeier der intime Moment mit dem Kollegen, der unbeabsichtigt auf sie Spitze getriebene Flirt mit der Nachbarin oder die lange Autofahrt mit der koketten Tramperin – der Alltag bietet zahllose Beispiele, die in einem Seitensprung enden können. „Warum hast du nicht nein gesagt?“, fragen Maite Kelly und Roland Kaiser sich gleichermaßen. Daran wird deutlich, dass der Seitensprung von beiden Seiten ungeplant ist. Doch ob man ihn nun bedauert oder in guter Erinnerung behält: Es handelt sich fast immer um einen einzelnen Sprung, nicht um eine Fortsetzungsgeschichte.
Eine Affäre hingegen entsteht fast nie aus heiterem Himmel. Die innere Einstellung ist hierfür eine wesentliche Grundvoraussetzung. Meistens besteht der Weg dorthin aus einem langen Abwägungsprozess:
- Ist es in Ordnung, mich trotz Partnerschaft nach fremder Haut zu sehnen?
- Gibt es Möglichkeiten, die Sehnsüchte mit der Partnerin / dem Partner zu stillen?
- Gehe ich offen mit meiner Entscheidung um oder ist es besser, die zu verheimlichen?
- Wie weit will / kann / darf in einer Affäre gehen, um die bestehende Beziehung nicht zu gefährden?
Natürlich gehören zu einer Affäre immer (mindestens) zwei Personen. Auch für Singles kann eine Affäre mit einer vergebenen Person eine besondere Herausforderung sein. So muss man sich im Klaren darüber sein, im Zweifel hinter der Partnerin beziehungsweise dem Partner (und manchmal auch der Familie) die zweite Geige zu spielen. Das erfordert nicht nur eine gute Organisation und Logistik, die auch spontane Planänderungen zulässt. Die Rolle als Geliebte oder Liebhaber ist zudem häufig mit einsamen Nächten voller Sehnsucht verbunden.
Emotionale oder sexuelle Affäre?
Im ersten Moment könnte man annehmen, dass es hier kaum einen Unterschied gibt. Doch tatsächlich handelt es sich um zwei verschiedene Paar Schuhe. So stehen bei der emotionalen Affäre echte Gefühle im Mittelpunkt. Meistens muss das Techtelmechtel gerade deshalb unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit stattfinden, was die Sache arg verkomplizieren kann. Manch eine Ehe, die nur noch auf dem Papier besteht, kann durch eine emotionale Affäre aber durchaus gewinnen. Wenn idealerweise sogar beide Partner neue Herzensmenschen finden, kann man das Miteinander häufig auf eine neue, nun freundschaftliche Ebene heben.
Bei einer sexuellen Affäre haben Gefühle allenfalls eine Randbedeutung. Hier geht es um erotisches Feuer und hemmungslose Leidenschaft. Dieses Modell passt besonders gut zu einer offenen Beziehung. Die Partnerin oder der Partner ist über die Affäre also informiert. Ein großer Vorteil hierbei: Man weiß, mit wem die oder der Andere lustvolle Stunden erlebt und muss sich daher keine Sorgen machen.
Einige Paare führen eine Affäre sogar gemeinsam. Gerade dann, wenn man Freude am Cuckold- oder Sandwich-Spielen oder dem Partnertausch hat, ist die Affäre zu dritt oder zu viert durchaus eine Überlegung wert. Viele Paare ziehen sie dem Sex mit immer wieder anderen Swingern eindeutig vor. Trotzdem ist Safersex natürlich weiterhin das A und O.
Wie verhängnisvoll darf es denn sein?
In einer zunehmend offenen und toleranten Gesellschaft ist eine Affäre (wie auch immer diese geartet ist), kein undenkbares Tabu mehr. Bereits im Jahr 2020 wurde über eine
Studie der Singlebörse Parship berichtet. Demnach können sich 53 % der Männer und 38 % der Frauen prinzipiell vorstellen, mit einer vergebenen Person eine Affäre zu beginnen. Insgesamt 45 % der Befragten gaben an, in der Vergangenheit bereits mindestens einmal eine solche Liaison geführt zu haben. Aufmerken lässt, dass den meisten Menschen der Beziehungsstand des Pendants zu Beginn einer Affäre gleichgültig ist. Umso wichtiger ist es, sich über die eigenen Bedürfnisse im Klaren zu sein und sie innerhalb der Partnerschaft offen auszusprechen. Denn:
- Wer die eigenen Bedürfnisse unterdrückt, kann nicht auf Dauer glücklich sein.
- Und: Eine Partnerschaft, in der dieser Punkt nicht offen kommuniziert werden kann, befindet sich bereits in Schieflage.
Professionelle Paarberater*innen raten immer zur Flucht nach vorn. Eine funktionierende Partnerschaft wird an entsprechenden Gedanken und Gefühlen nicht zerbrechen. Wer sich klar dazu äußert, beweist echtes Vertrauen in sein Gegenüber. Und das ist für jede Beziehung die beste Basis.