Eine spannende Frage, zumal man immer wieder hört, wie viel intimer BDSM-Beziehungen seien, wenn sich die Beteiligten auch romantische Gefühle entgegenbringen würden. Doch tatsächlich basiert eine BDSM-Beziehung auch unabhängig von Amors Fähigkeiten auf ähnlichen Aspekten wie eine romantische Partnerschaft. Man denke etwa an den Respekt füreinander, die Vertrauenswürdigkeit, die offene Kommunikation, den vernünftigen und kompetenten Umgang mit Sicherheitsaspekten sowie die Rücksicht auf individuelle Wünsche und Befindlichkeiten. Insofern lohnt es sich sicherlich, einen genaueren Blick auf den Themenkomplex zu werfen und sich anzusehen, inwiefern ein etwas geringeres Maß an rosaroter Brille dem Ganzen auch manchmal vielleicht ganz guttut.
Respekt füreinander
Respekt und Liebe gehen nicht immer Hand in Hand, was sich in romantischen Paarbeziehungen oftmals als sehr ungünstiger, weil toxischer Faktor erweisen kann. Und auch in BDSM-Beziehungen, die auf Liebe basieren, kann dies zu einem ernst zu nehmenden Problem werden.
Indes, um natürlich nicht allzu schwarz zu malen: Auch, wer sich nicht liebt, kann respektvoll miteinander umgehen. Und in Kombination mit einem ausgeklügelten technischen wie medizinischem Hintergrundwissen sowie einer ordentlichen Portion Empathie entsteht daraus eine wesentliche Eigenschaft, um sicher und verantwortungsbewusst miteinander zu agieren. Eben deswegen, weil man sich genauer mit den Wünschen, Grenzen und Tabus des Gegenübers auseinandersetzt und besser in der Lage ist, auf diese einzugehen und mit ihnen zu „arbeiten“. Das gilt im BDSM übrigens ungeachtet der manchmal derben bis extremen Wortwahl. Schließlich verdient das ‚wertlose Sklavenschwein‘ dasselbe Maß an Respekt wie die ‚
Göttin der Erotik‘. Und im besten Falle bieten sie sich dieses sogar gegenseitig.
Vertrauenswürdigkeit
„Kann ich dir vertrauen?“ Eine wichtige, wenn auch bei Weitem nicht immer gestellte und erst recht nicht immer ehrlich beantwortete Frage, sofern es um Sex und potenzielle Partnerschaften geht. Wer sich vor dem Beginn einer BDSM-Liaison (kommunikativ) näher kommt, beleuchtet dieses Thema aber oft etwas gründlicher. Aus gutem Grund. Immerhin bezieht sich diese Frage beim BDSM nicht nur auf ‚typische‘ Aspekte wie den Safer Sex, sondern auf andere wichtige Punkte. Darunter fallen unter anderem
- die körperliche wie seelische Sicherheit, die die*der andere so weit wie möglich bieten können muss und
- die Diskretion (etwa bei einer Fernerziehung), dass keine Interna und speziell keine sensiblen Daten an Dritte weitergereicht werden.
Bei der*dem Anderen ist wortwörtlich guten Händen zu sein, ist hierbei unter anderem auch deshalb wichtig, weil in BDSM-Beziehungen oftmals Sexpraktiken und erotische Techniken zum Einsatz kommen, die gesundheitliche Risiken bergen, in Vanilla-Beziehungen (sei es rein erotischer oder verliebter Art) zuweilen keine große Rolle spielen. Oder sich Paare nicht für ihre Durchführung entscheiden, weil man dem geliebten Mensch beispielsweise keine Schmerzen zufügen will.
Der Knackpunkt: Ein
Dummdom oder ein waschechter Sadist und ihre weiblichen Gegenstücke kennen da oftmals nichts. Und ihnen blindes Vertrauen entgegenzubringen, kann dazu führen, dass man selbst hinterher ein körperliches wie seelisches Problem oder sogar einen entsprechenden Schaden mitnimmt. Denn wenngleich beim BDSM erst einmal alles erlaubt ist, was das Gesetz nicht verbietet, passt dennoch nicht jeder Deckel auf jeden x-beliebigen Topf. Die Geduld ist dabei die kleine Schwester des Vertrauens: Ist das passende Pendant zur eigenen BDSM-Rolle erst einmal gefunden, ist die perfekte Basis für eine vertrauensvolle Spiel- und / oder Liebesbeziehung geschaffen.
Und wer nicht warten kann oder will, findet sein vertrauenswürdiges Pendant im professionellen Bereich. Zahlreiche Prostituierte und Escorts bieten ihre Dienste als Dom beziehungsweise
Domina oder als Sub an. Am besten ist es, sich unabhängige Bewertungen zu diesen Angeboten anzuschauen. Dann fällt die Auswahl leichter – und womöglich ist das lustvolle S/M-Erlebnis nur noch wenige Minuten entfernt.
offene Kommunikation
Sie ist das A und O in einer BDSM-Beziehung, sodass die mit ihr verbundenen Konsequenzen nicht zu unterschätzen sind. Das dürfte viele Menschen insofern nicht überraschen, als sie speziell im BDSM in den verschiedensten Bereichen dazu genutzt wird, der Dynamik der Handlungen einen zusätzlichen Reiz und Drive zu verleihen, wenn man etwa an die oft gewünschte verbale Erniedrigung denkt. Hier muss man oftmals berücksichtigen, dass es ein schmaler Grat zwischen lustvollem Kick und einer ernsthaften, die Psyche und Beziehung belastenden Beleidigung sein kann. Und so kann sich etwas „eben so Dahergesagtes“ schnell zu einem ernst zu nehmenden Knackpunkt ausweiten, wenn die Beteiligten nicht darüber sprechen und das Ganze konstruktiv aus der Welt schaffen.
Im Umkehrschluss lässt sich aber natürlich auch festhalten, dass man jemanden nicht lieben muss, um ihr*ihm zu gehorchen (Grüße an die O und Sir Stephen gehen raus 😉). Und dass es unter Umständen äußerst prickelnd ist, sich dieses Faktum im Sinne von Disziplin, Gehorsam, Bestrafung und Co. zunutze zu machen.
Unabhängig davon muss man aber natürlich auch offen und ehrlich miteinander über seine Wünsche, Bedürfnisse, Grenzen und Tabus sprechen. Denn nur wenn klar ist, wie jemand zu bestimmten Praktiken wie
- Bondage,
- Schlagpraktiken,
- Sex mit anderen Beteiligten (sei es nur in deren Anwesenheit oder auch mit ihnen),
- Atemspielen und Co.
steht, lässt sich auch ein gemeinsamer Handlungsrahmen finden und (bei gegenseitigem Wunsch) erweitern. Oder auch manche Ansätze später wieder zurücknehmen; je nach Bedarf.
In diesem Rahmen kann sich Liebe übrigens auch (ungünstigerweise) als verzerrendes Element erweisen. Nämlich dann, wenn man denkt, dass man seiner*seinem Liebsten etwas Bestimmtes zuliebe tun müsste – und das Ganze in Schieflage gerät. Man muss aber auch festhalten, dass dies auch bei der*dem Top zuliebe vollkommen unabhängig von romantischen Emotionen, aus anderen Gründen, passieren kann. Umso wichtiger ist es also, sich mit den eigenen Motivationen und denen des Gegenübers zu beschäftigen, um ein gesundes „Beziehungsklima“ zu gewährleisten.
Technisches Können und medizinische Kenntnisse
Zugegeben, es klingt erst einmal nach einem trockenen Thema – aber dieses Feld zu klären ist von höchster Bedeutung. Das hat damit zu tun, dass es wichtig ist, einschätzen zu können, welche Praktik(en) prinzipiell und individuell, zum Beispiel aufgrund von Vorerkrankungen, gefährlich sein können. Potenzielle Beispiele dafür sind unter anderem
Strappado |
Schlagspiele |
Atemspiele |
Atemreduktion |
Tunnelspiele |
Rape Games |
CBT |
Sinnesentzug |
Stellt sich dabei (idealerweise) schon im Vorfeld heraus, dass ein*e Top eine Spielart nicht sicher oder nur unter großen Anstrengungen sicher durchführen kann und/oder ein*e Bottom dem Ganzen aus welchen Gründen auch immer nicht gewachsen sein könnte? Dann ist es wichtig, dass der eine oder andere Wunsch nicht erfüllt oder ein entsprechender Befehl nicht ausgeführt wird. Außerdem sollte es im Zweifelsfall immer möglich sein, dass Spiel abzubrechen und den passiven Part aus der Situation herauszuholen. Dies ist primär dann von Bedeutung, wenn sich Bottom und/oder Top noch in einem Lernprozess befinden und bisher nicht so erfahren sind. Will heißen: Vorsicht ist im Zweifelsfall immer besser und keinesfalls per se als Zeichen von Schwäche oder Widerwillen zu verstehen.
Rücksicht
Wie bereits thematisiert, muss beim BDSM nicht jede*r zu jede*m passen; da nehmen sich diese Seite der erotisch-sexuellen Lusterfüllung und die romantische Paarbeziehung nichts. Genauso gilt es in beiden Bereichen, die sich bewusst miteinander verbinden und trennen lassen, dass jedes Paar seinen eigenen Kompromissrahmen individuell festlegt. Dabei ist automatisch niemand verkehrt, auch wenn sie*er nicht mit jedem Gegenüber harmoniert. So kann etwa die Kombination aus Brat und klassischer*klassischem Dom zu einigen Missverständnissen führen, während eine aus Brat und Tamer*in für erfüllte und lustvolle Stunden sorgt.
Merke also: Reden, reden, reden und genau klären, was einem warum wie wichtig ist und ehrlich feststellen, inwiefern die gemeinsamen Schnittstellen Potenzial für mehr bieten. Übrigens, auch im Hinblick auf die Grenzen des Tops, die ein*e Bottom ebenfalls selbstverständlich respektieren sollte. Denn dann, wenn doch noch der Faktor Liebe dazukommt, schmerzt eine fiese Manipulation noch einmal deutlich mehr. Was nun (bereits unabhängig von romantischen Gefühlen) nun wirklich nicht sein muss.
Fazit? BDSM- und Liebesbeziehungen sind sich doch gar nicht so unähnlich …
Denn letztlich sollte in beiden Fällen ein bewusster, rücksichtsvoller und empathischer Umgang miteinander stehen, wodurch das Ganze jeweils eine besondere Intimität erhält. Ob es für dieses tiefere Sich-fallen-Lassen von Bedeutung ist, ineinander verliebt zu sein? Heaven knows – und jedes Paar hat diesbezüglich sicherlich seine ganz eigene Meinung. Auch in Bezug darauf, was man wie umsetzen kann.
Indes: Speziell im BDSM-Bereich kann das Fehlen von Liebe (was kein Makel sein muss!) den Vorteil haben, dass man etwas von jemandem fordern oder für jemanden erfüllen kann, was einem bei der eigenen Partnerin / beim eigenen Partner nicht möglich wäre.
Warum sich also nicht bei einem anderen Gegenüber auf eine andere Weise fallen lassen, wenn dies innerhalb der eigenen Liebesbeziehung besprochen und offen-konstruktiv entsprechend abgeklärt wurde? Schließlich pflegen viele Menschen BDSM-Kontakte zusätzlich zu ihrer Vanilla-Partnerschaft. Und da ist nichts dabei, wenn alle aktiv wie passiv Beteiligten damit einverstanden sind. Das sollte allerdings auch wirklich der Fall sein, da man ansonsten Gefahr läuft, ein beziehungsschädigendes Fass zu öffnen. Und ob man das ernsthaft will, sollte einmal dahingestellt bleiben. Sowohl im Hinblick auf die BDSM- als auch auf die Liebesbeziehung …