Wenn nach dem größten aller Gefühle gefragt wird, muss man nicht lange nachdenken: Fast jeder nennt als erstes die Liebe. Doch die Definition der Liebe ist deutlich komplizierter, was nicht zuletzt auf ihre Vielschichtigkeit zurückzuführen ist. Dass man sie ausschließlich mit positiven Adjektiven verknüpft, ist ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal dieser im der englischen Sprache als „Love“ bezeichneten Emotion.
Was ist Liebe?
Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten. In der Evolutionsbiologie identifiziert man sie als ein Gefühl, das den Zusammenhalt innerhalb einer Gruppe fördert und so das Überleben der Art sichert. Den meisten Menschen geht diese Definition jedoch nicht weit genug, eher findet man sich in der Dreieckstheorie des Psychologen Robert Sternberg wieder. Demnach bilden
- Vertrauen,
- Leidenschaft und
- Entscheidung beziehungsweise Bindung
die Seiten eines gedachten Dreiecks. Abhängig von verschiedenen Faktoren wie dem Verhältnis zueinander und individuellen Eigenheiten kann man die jeweilige Liebe einem bestimmten Punkt innerhalb dieses Dreiecks zuordnen.
In den meisten Religionen spielt Liebe ebenfalls eine zentrale Rolle. Die christliche Bibel etwa verweist an zahlreichen Textstellen auf dieses Gefühl: „Liebe deinen Nächsten“ ist ein Beispiel für einen besonders bekannten Leitsatz. Auch der Heilige Thomas von Aquin beschreibt die Liebe als den Wunsch nach dem Erfolg und Wohlbefinden des Gegenübers. Doch auch in vielen christlichen Gemeinschaften gilt die Liebe im Zweifel eher den Angehörigen der eigenen Gruppe als Menschen anderen Glaubens. Ablehnung oder gar Hass sind daher eng mit der Liebe verknüpft.
Eine Verpackung, viele Facetten?
Mit einer Definition dieses Gefühls befasst man sich übrigens nicht erst in heutiger Zeit. Schon vor vielen Jahrhunderten kam man zu Erkenntnissen, die auch aus heutiger Sicht erstaunlich modern erscheinen. Aufgrund ihrer Vielschichtigkeit kannte man im antiken Griechenland übrigens nicht nur eine Liebe, sondern nutzte für die verschiedenen Facetten eigenständige Begriffe:
Eros |
leidenschaftliche, romantische Liebe und körperliche Anziehung |
Philia |
freundschaftliche Liebe, die auf Vertrauen und Zuneigung basiert |
Agape |
bedingungslose, selbstlose Liebe, oft mit Mitgefühl verbunden |
Storge |
familiäre Liebe, die zwischen Verwandten besteht |
Xenia |
Gastfreundschaft und die Liebe zu Gästen oder Fremden |
Diese Unterteilung leuchtet nach wie vor ein, denn schließlich liebt man etwa die eigenen Eltern auf eine andere Weise als die*den
Partner*in.
Wie sind Lust und Liebe miteinander verknüpft?
Aus neurowissenschaftlichen Erkenntnissen weiß man, dass Liebe und Lust in unterschiedlichen Hirnregionen stattfinden. Allerdings können beide Bereiche gleichzeitig aktiv sein, außerdem sind sie eng miteinander verknüpft. Fast jeder Mensch kennt Situationen, in denen er Lust und Liebe nicht klar voneinander zu trennen weiß. Anders als in der moralkonservativen Vergangenheit muss das heute allerdings kein Problem darstellen. So spielt die Erotik auch bei der Suche nach Liebesbeziehungen eine Rolle, während sich in
Sexdating-Communitys schon so manche große Liebe ‚zufällig‘ ergeben hat.
Romantische Liebe lässt sich also nicht planen und meistens auch nicht gleich als solche erkennen. Daher gibt man das vermeintliche Versprechen der ewig unverbrüchlichen Liebe, von dem man schon nach kurzer Zeit nichts mehr wissen will, meistens mit durchaus besten Absichten. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das schöne Gefühl der frischen Verliebtheit nicht immer in einer tiefen,
dauerhaften Liebe mündet.
Ist die Liebe ein Synonym für die Sucht?
Obwohl beide Konzepte intensive emotionale Erfahrungen beinhalten können, unterscheiden sie sich grundlegend in ihrer Natur und ihren Auswirkungen.
- Liebe ist eine positive, bindende Emotion, die Zuneigung, Vertrauen und Unterstützung umfasst. Sie fördert das Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung und ist oft stabil und nachhaltig.
- Sucht hingegen bezieht sich auf ein zwanghaftes Verhalten, das negative Auswirkungen auf das Leben einer Person haben kann. Sucht ist oft mit einer Abhängigkeit von Substanzen oder Verhaltensweisen verbunden und führt häufig zu einem Verlust der Kontrolle.