Klingt wie Musik in meinen Ohren: Mal ehrlich, wer kann sich dem Klang einer erotischen Stimme schon ernsthaft entziehen? Wie kommt diese Wirkung zustande? Welche Stimmen gefallen Frauen, welche Männern? Und warum lohnt es sich, beim Sprechen auf die eigene Atmung und ein Training der Stimmfrequenzen zu achten? All diesen Fragen und ihren Antworten gehen wir nun ein bisschen genauer nach.
Warum ist die Stimme beim Flirt überhaupt so relevant?
Wer kennt das nicht? – Auf den ersten Blick sah das Gegenüber wirklich verführerisch aus … und sobald es den Mund aufmacht und zwei, drei Sätze spricht, möchte man am liebsten weglaufen. Das kann natürlich am Inhalt der Sätze liegen; in vielen Fällen hat es aber einfach etwas mit der Tonlage und -farbe zu tun, weiß etwa Stimmcoach Arno Fischbacher. Der Grund dafür: Eine schrille, laute, quiekende und insgesamt unangenehm wirkende Stimme scheint einfach nicht sexy zu sein.
Vielmehr sieht es auch laut einer 2002er
Studie der US-Wissenschaftlerin Susan Hughes an der State University of New York so aus, als sei das Senken der Stimmlage beim Flirten das erste Mittel der Wahl – und zwar sowohl bei Männern als auch Frauen. Und in der Tat hat dabei speziell die Atemtechnik wesentliche Auswirkungen darauf, wie sehr man jemandem seine Nervosität anmerkt und wie seine Stimme (unter anderem auch beim
Candlelight-Dinner) klingt. Das beweist der Vergleich zwischen Hoch- und Bauchatmung:
Hochatmung |
Bauchatmung |
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Einatmen: Zwerchfell bewegt sich nach oben (genau wie beim Bauchatmen-Ausatmen) > Lunge wird verkleinert, es kann nicht wirklich Luft einströmen >> Brustkorb und Schultern werden ersatzweise angehoben, was aber Sauerstoff
kostet |
Einatmen: Zwerchfell und Bauchdecke werden entspannt > Lunge weitet sich
(Unterdruck) und die Luft wird quasi eingesogen
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Ausatmen: Entspannung des Zwerchfells, leichte Oberkörper-Absackung |
Ausatmen: Zwerchfell geht nach oben > Luft wird durch die damit verbundene
Verkleinerung der Lunge aus dieser gedrückt
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Nachteile: geringe Lungenkapazität, Sauerstoff wird im Zuge des vom Körper
interpretierten Fluchtreflex‘ in die Gliedmaßen geleitet > unsichere, zittrige,
dünne und ggf. piepsige Stimme
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Vorteile: Körper bekommt genug Sauerstoff, Nerven bleiben ruhig, guter Klang der Stimme |
Klingt wie Musik in meinen Ohren
Verschiedene weitere Studien wie eine aus dem Jahr 2013 am Londoner University College konnten zudem aufzeigen, dass Männer und Frauen aus unterschiedlichen Stimmlagen unterschiedliche Informationen entnehmen.
So gefallen Männern vergleichsweise hohe beziehungsweise zart gehauchte Stimmen besonders attraktiv – aber nur, solange die Frau nicht zu hoch spricht, kreischt oder piepst. Frauen dagegen scheinen Männer mit tieferen Stimmen als besonders maskulin einzuschätzen (was auf andere Männer tendenziell eher abschreckend wirkt), begeistern sich bei potenziellen Langzeitpartnern aber wohl eher für weichere Männerstimmen, die dann auch höher sein dürfen.
Außerdem scheint noch etwas interessant zu sein: Laut 2008er Forschungsergebnissen des des US-Psychologen Gordon Gallup wirkt die Stimme von Frauen dann am erotischsten, wenn sich diese in der fruchtbarsten Phase ihres Zyklus‘ befinden. Das wird aber noch diskutiert und bis es komplett geklärt ist, heißt es „selbst ausprobieren“. Was sich jedoch definitiv festhalten lässt, ist laut Arno Fischbacher, dass eine klare, volle und präzise Stimme den meisten Sexappeal mitbrächte.
Und last but not least gilt: Wer sich wohlfühlt und in einer entsprechenden Stimmlage spricht, klingt souveräner und entspannter. Was wiederum dazu führt, dass man ihr*ihm gerne zuhört. Dabei kommt es allerdings darauf an, dass die Stimme nicht zu monoton klingt. Denn dann bringen selbst alle Fülle und der notwendige Tiefgang nichts. Wovon übrigens auch schon die Acapella-Band Wise Guys ein gleichnamiges Lied zu singen wusste.
Was hat es mit den verschiedenen Frequenzen der Stimme und ihrer jeweiligen Aktivierung auf sich?
Für den Klang der Stimme sind vornehmlich der Grundton (die stärkste Stimmfrequenz und die Grundschwingung) sowie die Obertöne von Bedeutung. Bei ihnen handelt es sich um Vielfache des Grundtons, die durch Elemente im Ansatzrohr und die Spannungsverhältnisse des Körpers verstärkt werden. Eine kräftige Körperspannung geht daher auch mit kräftigen Stimmhöhen einher, die die Stimme lebendig wirken lassen. Aber auch die tiefen und die mittleren Frequenzen sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung; hier ein kleiner Überblick dazu, wie sie auf Zuhörer*innen wirken und wie sie sich trainieren lassen:
tiefe Frequenzen – die stimmliche Basis |
mittlere Frequenzen – das verbindende Element |
hohe Frequenzen – für Klarheit und Brillanz |
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lassen die*den Redner*in präsent, souverän und überzeugend wirken (v.a. in Kombination mit hohen Frequenzen) |
lassen die*den Redner*in präsent, souverän, emotional nah und selbstsicher wirken (v.a.
in Kombination mit den tiefen Frequenzen)
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lassen die*den Redner*in präsent wirken; zudem vermitteln klare Höhen den Eindruck
von Aufmerksamkeit, weiche den Eindruck von Freundlichkeit – und mit den tiefen Frequenzen zusammen wirken sie zusätzlich überzeugend
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Trainingsmöglichkeiten: Bauchatmung; entspannte Schultern, Bauchdecke und
Beckenboden; lockere Knie, Zungen-Ruheposition, Gähnen; Kiefermuskulatur
massieren
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Trainingsmöglichkeiten: s. tiefe Frequenzen; Ausrichtung über das Brustbein,
Training der Viola im Stimmorchester, Mund beim Sprechen bewusster öffnen
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Trainingsmöglichkeiten: lächeln, lockerer Kiefer, aktive Mimik und Lippen |
Fazit: Die Optik fixt an, die Stimme hält
Natürlich sollte man nicht nur darauf achten, wie die Stimme von jemandem klingt, sondern auch den Inhalt des Gesagten berücksichtigen. Trotzdem sollte man die Macht des Klangs der Stimme nicht unterschätzen, meint auch die Kommunikationstrainerin Cornelia Giesmann. Immerhin würde dieser lange nachwirken. Alles Weitere sei dann eine Frage des zueinander aufgebauten Vertrauens und einer authentischen Körpersprache. Und wenn auch diese Aspekte miteinander harmonieren würden, würden
Augenblicke der Verführung gleich noch einmal deutlich mehr kicken …