Bring’se noch ein Bier für die Schlampe am Klavier … Für Männer ist es vollkommen normal, in gesellschaftlichem Umfeld Alkohol zu konsumieren. Ja nach Anlass dürfen die Kerle dabei sogar ‚hochoffiziell‘ richtig über die Stränge schlagen. Wenn Papa (und mittlerweile auch die Söhne!) am späten Abend des Vatertags sternhagelvoll nach Hause kommt, passt das genau ins Rollenbild. Negative Bewertung? Fehlanzeige. Bei Frauen gibt es derlei Anlässe bis heute (fast) gar nicht. Dabei verbindet Frauen und Alkohol eine lange Geschichte – und sie waren sogar an der Entwicklung des Bieres maßgeblich beteiligt.
Männer dürfen saufen, Frauen halten sich brav ans Wasser
Zwar ist dieses Schema kein niedergeschriebenes Gesetz, hat sich als gängige Praxis aber vielfach etabliert. Ein wesentlicher Grund dafür ist wahrscheinlich die Tatsache, dass das ‚weibliche Freizeitverhalten‘ tendenziell vernünftiger, vorsichtiger und achtsamer ist, als man es den Männern zuschreibt. Also erscheint es nur logisch, dass die Frau in der Kneipe oder auf der Party zum Mineralwasser oder zum alkoholfreien Cocktail greift, während ihr Partner selbstverständlich sein Bier bestellen darf. Zwar kennt man mittlerweile nicht nur vom Münchner Oktoberfest zahllose Bilder von biertrinkenden Frauen, doch das Klischee hält sich dennoch hartnäckig.
Sind alkoholtrinkende Frauen sexuell leichter verfügbar?
Zu einem solchen Schluss kommt tatsächlich eine
britisch-amerikanische Studie. Die Resultate gehen sogar noch darüber hinaus. Ein Großteil der befragten Frauen und Männer bewerteten die auf Bildern gezeigten, Alkohol konsumierenden Frauen auch als dümmer, weniger menschlich oder gefühlskalt. Mit Bildern von alkoholtrinkenden Männern hingegen gab es keine derartigen Verknüpfungen.
Wissenschaftlich ist die These mit der geminderten Intelligenz bei gesteigerter Wollust natürlich nicht haltbar. Vermutlich liegt die Ursache wieder im beschriebenen Klischee von der vernünftigen Frau, das durch den Alkohol vermeintlich aufgehoben wird. Das lässt sich so pauschal natürlich nicht bestätigen. Zwar kann ein
moderater Konsum von Alkohol durchaus luststeigernd wirken und Lust auf einen Flirt machen. Doch das gilt für Menschen aller Geschlechter und ist definitiv kein Freibrief für sexuelle Übergriffe.
Auch Frauen trinken gerne mal ein Glas – und das nicht erst in der Gegenwart
Einige Männer führen gerne die vermeintliche Tradition ins Feld, dass sich Frauen „noch nie“ viel aus Alkohol gemacht hätten. Immerhin obliege es ihnen, sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern – und zwar auch in jenen Stunden, in denen sich die Männer am Stammtisch zum Kartenspielen einfänden. Der Blick in die Vergangenheit zeigt aber: Bierkränzchen waren vor allem bei den Damen der etwas besseren Gesellschaft bis weit ins 19. Jahrhundert hinein beliebt.
Nicht selten entwickelte sich eine solche Zusammenkunft sogar regelrecht zu einem regelrechten „Weiberzechen“: Die Damen tranken also ebenfalls mehr Alkohol, als gesundheitlich zuträglich wäre, blieben dabei aber unter sich. Später wurden Kaffee und Tee einfacher verfügbar, sodass ein Großteil der Frauen auf diese Alternativen auswich. Auch dort spielte der Alkohol aber von Anfang an eine Rolle, allerdings schmecken Rum oder Amaretto im Kaffee definitiv besser als das Bier. Damit war die jahrtausendealte, gemeinsame Geschichte von den Frauen und dem Bier jedoch nur für eine Weile unterbrochen …
Das erste Bier brauten Frauen
Bereits der „Codex Hammurabi“ aus dem 18. Jahrhundert vor Christi geht ganz klar auf die Bierbrauerinnen (die damals gleichzeitig Schankwirtinnen waren) ein. Einige Fachleute gehen davon aus, dass die Tätigkeit des Brauens als eine Form der Lebensmittelherstellung galt, bei der es sich damals ebenfalls um eine weibliche Aufgabe handelte.
Auch die berühmte Klosterfrau Hildegard von Bingen rührte im Braukessel. Ihr wird sogar zugeschrieben, die damals noch nicht genormte Rezeptur um den heute obligatorischen Hopfen ergänzt zu haben. In den Jahrhunderten nach Hildegard blieb das Brauen weiterhin zumeist in weiblicher Hand. So fanden unverheiratete und verwitwete Frauen im Brauen und Ausschenken von Bier eine der wenigen Möglichkeiten, mit eigener Hände Arbeit Geld zu verdienen.
Erst mit der Verschärfung des Braurechts ca. ab Mitte des 16. Jahrhunderts kam die Bierherstellung nach und nach in Männerhand. Denn aus Sicherheitsgründen wurden die vorher weitverbreiteten Kleinstbrauereien nach und nach durch größere Betriebe ersetzt. Die dortige Belegschaft war fast ausschließlich männlich.
Und heute?
Die meisten Brauereien bedienen zwar bis heute eine vordergründig männliche Zielgruppe. Doch das Angebot wird breiter und erfreut sich bei Menschen aller Geschlechter (wieder) wachsender Beliebtheit. Sogar das lange Zeit verpönte alkoholfreie Bier findet einen wachsenden Käuferkreis. Dafür verantwortlich sind tatsächlich auch einige Frauen: In der bayrischen Klosterbrauerei Mallersdorf sorgt Braumeisterin Doris Englhard für besten Biergeschmack – und Catharina Cramer leitet als Chefin der Warsteiner-Brauerei sogar einen echten Weltkonzern. Daher muss es unbedingt heißen: Bringen Sie der Dame am Klavier noch ein Bier – aber bitte ein gutes