Nach wie vor liegt Deutschlands großer Nachbar im Westen als die Heimat von Liebe, Lust und Leidenschaft. Doch eine repräsentative Ifop-Umfrage zeigt: Seit den 1970er-Jahren waren die Französinnen und Franzosen noch nie so lustlos wie jetzt.
Wöchentlich Sex hat nur noch eine Minderheit
Im Jahr 2009 wurden die Menschen schon einmal nach ihrem Sexleben gefragt. Damals gaben 58 % der Befragten an, mindestens einmal wöchentlich Sex zu haben. Innerhalb von 14 Jahren ist dieser Wert dramatisch gesunken, denn 2023 waren es nur noch 43 %. Doch wie zufrieden sind die Menschen in Frankreich mit ihrem Sexualleben? Hier ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern signifikant: 55 % der Männer meinen, zu wenig Sex zu haben. Dies unterschreiben derzeit aber ‚nur‘ 39 % der Frauen. Doch auch dieser niedrigere Wert lässt aufhorchen, wenn man die Ergebnisse früherer Befragungen mit einbezieht. Im Jahr 1996 waren es lediglich 21 % der Frauen, die sich mehr Liebe, Lust und Leidenschaft wünschten.
Ein Viertel hat gar keinen Sex
Bei einer Befragung im Jahr 2006 gaben 9 % an, in den vergangenen zwölf Monaten keinen Sex gehabt zu haben. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen lag der Wert damals bei 5 %. Inzwischen liegen die Zahlen bei 24 % (bezogen auf alle befragten, erwachsenen Personen) und 28 % in der jüngsten, teilnehmenden Personengruppe.
Schuld sind Filme, Computerspiele, Social Media – und sogar Bücher
Natürlich hat man in der Studie auch nach den Gründen für die zunehmende Lustlosigkeit gefragt. Häufig wurde die geringe Libido mit dem Konsum von Filmen und Serien, mit dem Zocken von Computerspielen oder sogar mit dem Lesen von Büchern begründet.
Wird Frankreich asexuell?
Das wäre schier unvorstellbar! Frankreich ist die Heimat des Marquis de Sade, das Ursprungsland der Geschichte der O und hat mit Paris eine Hauptstadt, die in der sündigen ‚Moulin Rouge‘ eine ihrer bekanntesten Sehenswürdigkeiten hat. Außerdem zieht es auch aus Deutschland Jahr für Jahr zahlreiche Swingerinnen und Swinger ins südfranzösische FKK-Paradies Cap d’Agde. Und niemand geht davon aus, dass die genannten Reiseziele ihre Türen bald dauerhaft schließen werden.
François Kraus, Leiter der Ifop-Studie, verweist auch auf einen historischen Zyklus. Demnach waren die 1980-er und 1990-er Jahre Dekaden der Hypersexualisierung. Das bedeute aber keineswegs eine insgesamt prüdere Gesellschaft. Heute setzten immer mehr Menschen (in Frankreich wie in anderen Ländern) mehr auf Qualität denn auf Quantität. Doch wenn der vergleichsweise häufige Quickie dem gelegentlichen, dafür aber umso leidenschaftlichen Slow Sex weicht, ist das sicher kein negativer Trend.