Okay, um ehrlich zu sein, hatte ich schon vorher Dates mit Altersunterschied: Mit Frauen, die ein gutes Stück älter waren, hatte ich manch eine heiße Nacht verbracht. Majo hingegen ist fast neun Jahre jünger als ich – und das war tatsächlich ungewohnt. Doch es traf mich wie ein Blitz und ich wusste sofort, dass sie für eine reine Affäre zu schade ist. Noch Jahre später kann ich sagen: Gut, dass wir uns eine echte Chance gegeben haben!
Online-Dating? Für heiße Nächte gerne, aber …
… nicht für die große Liebe. Meine damalige Einstellung basierte auf eigenen Erfahrungen: Es war für mich immer einfach, im Chat zu flirten und heiße Dates anzuberaumen. Trotz des oft gravierenden Männerüberschusses hatte ich eine recht gute Quote, wenn es darum ging, vom erotischen Chat in die Realität zu wechseln. Das führte zu manch einem One-Night-Stand und mehreren Affären. Doch „echte“ Beziehungen hatte ich bis dato nur mit offline kennengelernten Frauen geführt. Trotzdem war ich Mitglied in der damals populären
Dating-Community „Love@Lycos“ – und auch an diesem einen Februarabend wieder einmal online. Dort fiel mir das faszinierende Lächeln einer jungen Frau ins Auge.
Grund genug, den Profiltext zu studieren, der mir allerlei Knackpunkte aufzeigte. Nicht genug, dass uns mehr als 180 Kilometer und fast neun Jahre Altersunterschied trennten: Sie war ein Großstadtkind (ich ein Landei), hatte blonde Haare und blaue Augen (ich stehe vor allem Auf Latinas), außerdem ließ sie im Profiltext ein Faible fürs Vespafahren (wenn motorisiert, brauche ich vier Räder) und für Pasta Funghi (ich stehe eher auf Tomatensauce) erkennen.
Es gab also mehr als genügend Gründe, mich einfach weiter durch die Community zu klicken. Doch ich war gerade in einer flirty Stimmung, also schrieb ich eine kurze Nachricht: Wenn wir die Pilz- gegen Tomatensauce tauschen könnten, würde ich eine Flasche Wein beisteuern. Bereits eine Minute später kam die nur aus einem einzigen Wort bestehende Antwort: „Gemacht.“ Dass wir damit die Basis für eine langjährige Beziehung legen würden, hätten wir damals beide nicht für möglich gehalten.
Auch am Telefon lässt es sich perfekt flirten – und endlos plaudern
Majos Antwort auf meine erste Mail blieb das einzige Mal, in dem ich sie kurz angebunden erlebte. Denn schon am ersten Abend unterhielten wir uns stundenlang im Chat und das erste Telefonat (von hunderten, die wir seither führten) folgte keine vierundzwanzig Stunden später. Von Majos Stimme war ich nicht weniger angetan als von ihrem Bild. Wahrscheinlich trug auch die Tatsache dazu bei, dass sie erst einmal mit vollem Körpergewicht auf dem Schlauch stand: „Hallo, hier ist Stan …“ --- 3 Sekunden Stille--- „Stan? …. Ach, Stan! Schön, dass du anrufst …“ Ich bin selbst definitiv nicht mundfaul. Majo überzeugte mich trotzdem schon im ersten Telefonat davon, die wahre Plaudertasche von uns beiden zu sein. Das ist bis heute so geblieben …
Ich weiß nicht mehr, wie viele Telefonate dafür notwendig waren, bis ich Majo für ein Wochenende zu mir einlud, es dauerte aber definitiv nicht länger als eine Woche. Schon bei der Frage war ich hypernervös: Wieder führte ich mir den Altersunterschied vor Augen, außerdem war die Sache für Majo mit einer stundenlangen Bahnfahrt verbunden. Umso verblüffter war ich, dass sie sofort zusagte! Was an diesem Wochenende passieren würde? Wir ließen es bewusst offen, aber wir wollten unbedingt spazieren gehen und anschließend warmen Vanillepudding mit Erdbeeren essen. Schließlich waren (und sind) wir beide der Auffassung, dass Wintererdbeeren viel besser sind als ihr Ruf.
Der erste Kuss nach zwei Sekunden
Zu dieser Zeit hatte ich eine Wohnung im Haus meiner Eltern. Dass mein Auto am ersten Wochenende mit Majo in der Werkstatt stand, machte die Sache auch nicht gerade einfacher. Glücklicherweise bot sich eine Freundin als Taxi an. Den Bahnhof erreichten wir auf den allerletzten Drücker. Ich konnte Majo bereits auf dem Vorplatz erkennen und eilte auf sie zu. Wieder einmal zeigte sie sich in positiver Verblüffung, was jedoch nach ihrer eigenen Aussage auch daran lag, dass sie gerade damit beschäftigt war, sich wie Kapitän Ahab in
Moby Dick aus ihrem Smartphone-Kopfhörerkabel zu wurschteln. Immerhin erfolgreicher. Das hatte ich gar nicht bemerkt. Die erste Umarmung ging nahtlos in einen
innigen Kuss über, da wir nicht wussten, was wir sonst tun sollten – und die Autofahrt nach Hause verbrachten wir beide kuschelnd auf dem Rücksitz. Immer aufmerksam von meiner Freundin im Rückspiegel beobachtet, die uns direkt eine große gemeinsame Zukunft prognostizierte.
Zuhause hatten wir uns nicht weniger zu erzählen als am Telefon, wie wir beim ersten gemeinsamen Spaziergang feststellen konnten. Auch hier hatte Majo den deutlich größeren Redeanteil, aber darauf hatte ich mich ja bereits eingestellt. Beim Puddingkochen überließ sie mir dafür den Vortritt – und bis heute ist die Küche eher mein als ihr Bereich.
Abends kuschelten wir bei leiser Musik und einem miteinander geteilten Bier, von dem ich einen Gutteil durch eine ungeschickte Armbewegung auf Majos
Dessous verteilte. Klar, eine Feuertaufe hatten wir zu diesem Zeitpunkt definitiv nicht mehr nötig, eine Biertaufe stand aber eigentlich auch nicht auf unserer Liste. Wir haben es mit Humor genommen …
Natürlich hatte ich für Majo das Gästebett vorbereitet, was sie wohlwollend zur Kenntnis nahm. Jetzt war die Verblüffung deshalb auf meiner Seite, als Majo mich fragte: „Und wo schläfst du?“ Ich verwies auf mein Schlafzimmer, doch die junge Frau an meiner Seite hatte andere Vorstellungen. Sie war überzeugt, dass das Gästebett für uns beide groß genug sei. Auch die Information, dass ich generell nackt schlafe, brachte sie nicht von dieser Ansicht ab. Gut, dass ich Kondome im Haus hatte …
Die Nacht war wunderschön, leidenschaftlich und erotisch. Der schönste Augenblick allerdings war Majos glückliches Lächeln am Morgen danach, verbunden mit der Frage: „Kann ich dich behalten?“
Und was machen wir daraus?
Ich war mir der Herausforderung bewusst. Der Altersunterschied spielte dabei nicht einmal die größte Rolle: Ich bin bisexuell, habe ein Faible für sexuellen
Fetischismus und BDSM und kann mit Fußball nicht viel anfangen. Doch mir war klar, dass ich bei dieser Frau alle Leichen aus dem Keller holen wollte. Entweder würde sie mich mit allen Ecken und Kanten akzeptieren oder die Sache wieder abhaken - immerhin hatten wir noch kein Übermaß an Gefühlen investiert. Glücklicherweise begegnete sie meinen „Leichen“ mit lustvoller Neugier. Damit war die beste Basis für unsere bereits langjährige Beziehung geschaffen. Und jetzt schauen wir gemeinsam, welche Abenteuer die Zukunft für uns bereithält ...