Engel oder Teufel? Die Bandbreite an potenziellen Verhaltensweisen bei Bottoms ist groß. Von den ergebensten Servants bis zu den renitentesten Brats ist alles dabei – und wenngleich es immer wieder anders heißt, hat sicherlich jede ‚Bottom-Variante‘ ihre Daseinsberechtigung. Schließlich konnte man die schwarz-goldene (oder schwarz-rote) BDSM-Bibel bislang nicht finden und eindeutig als solche identifizieren. Was man jedoch festhalten kann: Viele Menschen sind überzeugt, dass man beim BDSM nicht bei einer Wünsch dir was! Veranstaltung sei. Gerade als Bottom nicht. Aber wie sieht es in dieser Hinsicht und beim richtigen Grad der Bottom-Unterwürfigkeit eigentlich bei den Tops und deren Wünschen aus?
Also, Butter bei die Fische: Wer und was darf es sein?
Wir haben uns etwas ausführlicher in verschiedenen Foren umgeschaut und überprüft, ob es zu dieser – unserer Meinung nach eigentlich relativ simplen – Frage eine Schwerpunkt-Meinung gibt. Aber letztlich ist es genau wie in der Einleitung beschrieben: Die ganz klare Linie gibt es dabei nicht. Abgesehen davon, dass sich viele Tops bei ihren Bottoms bestimmte Grundzüge wie
- das Bedürfnis, der*dem Top durch die eigene Optik und das eigene Verhalten zu gefallen,
- ihren*seinen Wünschen und Anordnungen nachzukommen und am besten auch entsprechend vorausschauend selbst zu planen / zu agieren und
- sich teilweise (was wiederum individuelle Auslegungssache ist, wie weit das reichen darf) formen zu lassen – Disziplinierungen in diesem Zusammenhang gern inklusive.
Oder mit anderen Worten: Die klassischen Subs, die relativ devot, zuvorkommend sind und die Kontrolle und das Heft des Agierens recht weitgehend, aber nicht vollständig ihrer*ihrem Top überlassen, scheinen ziemlich gefragt zu sein.
Knackpunkt dabei: Die Tops, die vorrangig dieser Meinung sind, definieren in der Regel als mehr oder weniger klassische Doms, teilweise auch als
Herr*innen. In der Folge haben sie ein vergleichsweise klares Bild, wie die Verteilung von Dominanz und Devotion und das damit verbundene und zu gestaltende Machtgefälle aussehen sollen.
In diesem Zusammenhang ist dann auch die viel diskutierte Frage von Interesse, ob es sich bei Brats überhaupt um Subs handelt, wenn auf der Brat-Seite eine gewisse Renitenz vorhanden ist. Die Antwort darauf liegt wahrscheinlich in den jeweiligen Augen der Betrachter*innen, wobei klar sein dürfte, dass sich die meisten
Brats zumindest als Bottoms verstehen. Eins lässt sich aber sicherlich festhalten …
Für alle Tops gibt es die passenden Bottoms
Denn letztlich ist auch das Bedürfnis der Tops bezüglich der submissiven Ader der zu ihnen passenden Bottoms unterschiedlich stark ausgeprägt. Während sich die einen ein möglichst unterwürfiges Gegenüber wünschen, über das sie eine weitgehende bis vollständige Kontrolle (Stichwort
Metakonsens) ausüben dürfen, freuen sich andere über eine gewisse Gegenwehr und möchten es vielleicht gar nicht so sehr mit einer*einem passiven Bottom zu tun haben. Sadomasochistische Elemente noch nicht einmal im Einzelnen thematisiert …
Und wer hat da jetzt recht mit ihrer*seiner Ansicht, wie es zu sein hätte? Im Prinzip alle, da es letztlich darauf ankommt, dass sich die individuell passenden Töpfe und Deckel finden.
Nicht umsonst haben sich Paare wie
Top |
Bottom |
Fokus |
|
|
|
Mommy / Daddy Dom |
Little / Middle |
Fürsorge |
Sadist*in |
Masochist*in |
Zufügen und Ertragen von körperlichen Schmerzen |
Degrader |
Degradee |
(psychische) Erniedrigungen |
Rope Top |
Rope Bottom |
FIxierungen / Fesselungen / Bondage |
Dom (stärkste Ausprägung Herr*in) |
Sub (stärkste Ausprägung Servant) |
Dienen, Kontrollieren, Anleiten und Disziplinieren |
Brat Tamer |
Brat |
Herausfordern und Bändigen |
ergeben, wobei die Grenzen fließend sein können. Es ist also durchaus möglich, dass ein*e
Rope Top und ein*e Sub (Interesse an Fesselungen vorausgesetzt) ein sehr harmonisches Paar abgeben oder sich ein*e Brat und ein*e Sadist*in finden und wunderbare Sessions miteinander erleben. Ausführliche Absprachen bezüglich der eigenen Vorstellungen, Wünsche und Anpassungsfähigkeiten sowie den Verzicht auf faule Kompromisse natürlich vorausgesetzt.
Und wenn man sich diesbezüglich gar nicht selbst begrifflich einnischen möchte, ist das ebenfalls vollkommen legitim – solange man einem potenziell erotisch-sexuell interessiertem Gegenüber erklären kann, wie man „inhaltlich“ tickt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Was wollen Tops?
Die meisten Tops sind Menschen, die
- es genießen, ein individuell ansprechendes Maß der psychischen und/oder physischen Kontrolle über ihr Gegenüber auszuüben,
- es mögen, die (erotisch-sexuelle, teilweise auch die darüber hinausreichende) Beziehung prägen zu können,
- Wert darauf legen, der aktiv-handelnde Part im Geschehen zu sein und
- die es schätzen, eine (autoritäre) Vertrauensperson zu sein, der man Respekt entgegenbringt und nach deren Vorgaben man (mit mehr oder weniger großen Widerworten) handelt.
Sie sehen sich also nicht als reine Wunscherfüller*innen, sondern suchen Gegenüber, die im Rahmen der gemeinsam besprochenen und jeweils einvernehmlich bestätigten Regeln „mitarbeiten“. Diese „Mitarbeiten“ können dabei sehr unterschiedlich aussehen und durch jeweils passende Maße der Unterwürfigkeit der Bottoms einen besonderen zusätzlichen Reiz erfahren.
Wichtig ist aber auf jeden Fall, dass die Bottoms, wenngleich viele von ihnen auch gern ein Stück weit bis vollständig die Kontrolle abgeben wollen, nicht auf ihren eigenen (gesunden!) Menschenverstand verzichten. Und das ist etwas, was auch viele Tops zurecht anmerken.