Als Femme fatale bezeichnet man im Französischen eine ‚verhängnisvolle Frau‘. Und damit eine Frauenfigur, die häufig in der Kunst (speziell in der Literatur) auftaucht und als gleichermaßen attraktiv wie verführerisch gilt. Aufgrund ihres ausgeprägten Manipulationsgeschicks und ihrer irrational-sinnlichen bis dämonischen Zuge ist es ihr möglich, Männer über die Erotik in ihren Bann zu ziehen und damit oftmals ins Verderben zu führen.
Welche Eigenschaften hat eine Femme fatale?
Eine Femme fatale zeichnet sich durch verschiedene Charakterzüge aus, die sich im Großen und Ganzen wie folgt zusammenfassen lassen:
- Sie hat eine verführerische Ausstrahlung und umgibt sich mit einer geheimnisvoll-mysteriösen Aura.
- Sie ist unabhängig und selbstbestimmt und macht sich selbst zu ihrer ersten Priorität.
- Und sie ist eine kluge Manipulatorin, sodass sich Männer für sie in Gefahr begeben.
Passend dazu wirkt auch ihr Erscheinungsbild verführerisch, zeitlos-elegant, aber nicht vulgär-anbiedernd. Zu ihren wesentlichen Markenzeichen in puncto Outfit und
Make-up gehören daher
hochhackige Schuhe |
dramatische Hüte |
Perlenketten und/oder -ohrringe, |
roter Lippenstift |
ein gewagtes schwarzes oder rotes Kleid, das ihre geschmeidige Figur unterstreicht |
ein durchdringender Blick |
Auf wen übt sie eine besondere Faszination aus?
Traditionellerweise zieht die Femme fatale Männer an, die als Bad Boys gelten. Aber auch auf Frauen hat sie diesen gewissen Reiz, der auf der Ausstrahlung von Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit, Dynamik und Kontrolle beruht.
Ihre Rolle in Kunst und Kultur
Die Frage, was zuerst war – das Ei oder das Küken, also die reale Femme fatale oder die künstlerische Denkfigur – wird immer noch kontrovers diskutiert. Im Wesentlichen lassen sich dabei zwei Ansätze unterscheiden:
- Die Literatur / die Kunst im Allgemeinen spiegel die Realität wieder; folglich seien die Femmes fatales durchaus real.
- Es handele sich um eine ‚Kunstfigur‘, die vorrangig für Männer entworfen worden sei und eine mehr oder weniger reine Inszenierung einer dämonischen oder anderweitig gefährlichen Frau darstelle. Diese Inszenierung diene vor allem dazu, die Angst und Skepsis gegenüber selbstbestimmten, die Erotik genießenden Frauen zu schüren und sei ein Ausdruck von Misogynität und Neurotik.
Genau klären werden wir hier das Ganze jetzt sicherlich nicht. Auf jeden Fall ist die Liste an entsprechenden Frauenfiguren recht lang und reicht bereits von der Vorantike bis in die heutige Zeit. Das Spannende dabei? Oft sind die ‚alten‘ Femmes fatales Vorbilder für spätere ‚Nachfolgerinnen‘; sie haben aber (fast) alle immer hexenhaft-dämonisch-sinnlich-irrationale Züge …
Berühmte Beispiele für Darstellungen der Femme fatale
Bibel |
griechische Epik |
Literatur |
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Lilith |
Pandora |
Dark Lady (Shakespeares Sonette) |
Judith |
Medea |
Die Jüdin von Toledo (Vorlage: Rahel la Fermosa, Lope de Vega) |
Delila |
Helena |
Adelheit (Götz von Berlichingen, Goethe) |
Salome |
die Sirenen |
Wanda (Venus im Pelz, Leopold von Sacher-Masoch) |
Maria Madgdalena |
Circe |
Anna Karenina (Anna Karenina, Lew Tolstoi) |
Film Noir der 1940-er / 1950-er Jahre
- Vivian Sternwood in Tote schlafen fest (1946)
- Kathie Moffat in Goldenes Gift (1947)
- Annie Laurie Starr in Gefährliche Leidenschaft (1950)
- Diane Tremayne in Engelsgesicht (1952)
weitere filmische Beispiele
- Lola Lola in Der blaue Engel (1930)
- Christine Helm Vole in Zeugin der Anklage (1957)
- Helen Grayle/Velma Valento in Fahr zur Hölle, Liebling (1975)
- Matty Walker in Heißblütig – Kaltblütig (1981)
- Rachael in Blade Runner (1982)
- Alex Forrest in Eine verhängnisvolle Affäre (1987)
- Catherine Tramell in Basic Instinct (1992)
- Mona Demarkov in Romeo Is Bleeding (1993)
- Xenia Onatopp in GoldenEye (1995)
- Rita/Camilla Rhodes in Mulholland Drive – Straße der Finsternis (2001)
Neue Medien
In der Tat ist das Auftreten der Femme fatale keinesfalls nur auf die Literatur und den Film beschränkt. Auch in der Videospiel-Serie Max Payne ist sie in Form von Mona Sax unterwegs. Was natürlich letztlich schiefgeht … Ferner ist Femme fatale der Titel von Britney Spears‘ im Jahr 2011 veröffentlichtem 7. Album und ein Song der Band The Velvet Underground. Und nicht zuletzt thematisierte Rammstein in der 2005 veröffentlichten Rosenrot-Single die Geschichte einer fille fatale, eines verhängnisvollen Mädchens.
Gibt es sie wirklich nicht, die reale Femme fatale?
Wenngleich man die Femme fatale heute mehrheitlich als künstl(er)i(s)ches Stereotyp betrachtet, hat man natürlich auch realen Frauen immer wieder unterstellt, Femmes fatales zu sein. Als Beispiele dafür dienten unter anderem
- Kleopatra,
- Alma Mahler-Werfel,
- Ea von Allesch,
- Lina Loos,
- Gina Kaus oder
- Mata Hari –
also alles Frauen, die sehr selbstbestimmt lebten, eine offene Sexualität pflegten und Kontakte zu einer Reihe von erotischen Partner*innen (oftmals auch bekannten Persönlichkeiten) unterhielten. Wobei man aber unter anderem am Beispiel von Kleopatra erkennen kann, wie wesentlich die männliche Sicht für die Beurteilung der gesamten Person und ihrer Fähigkeiten war und bis heute oftmals noch ist … Fazit? Die Femme fatale ist und bleibt ein Mysterium!