Auch Essen kann lustvoll sein. Eine wachsende Zahl an Menschen möchte es mit möglichst vielen Sinnen genießen und die Erinnerung daran bildlich festhalten. Meist ist dann die Rede von Foodporn.
Was ist Foodporn?
Foodporn ist ein Kofferwort, das sich aus ‚Food‘ (Essen) und ‚Porn‘ (
Pornografie) zusammensetzt. Zentral ist hier das Foto einer Speise. Dieses Bild soll aber nicht nur informieren, sondern wird provokant-verführerisch inszeniert. Nur die wenigsten Menschen betreiben Foodporn ausschließlich für die persönliche Erinnerung. Stattdessen werden die Inhalte in den sozialen Medien mit anderen Menschen geteilt.
Welcher Zweck wird damit verfolgt?
Ähnlich wie Pornografie sollen die Aufnahmen Lustgefühle erzeugen. Die Mechanismen sind dabei vergleichbar: Genau wie ein guter Porno Lust auf
Sex machen kann, läuft einem bei perfekt inszeniertem Foodporn regelrecht das Wasser im Mund zusammen. Diese Zusammenhänge kennt selbstverständlich auch die Werbewirtschaft und regt durch entsprechende Werbespots und -Anzeigen den Konsum signifikant an.
Im privaten Umfeld geht es vorwiegend darum, sich selbst als Genießer*in zu inszenieren und den eigenen Lifestyle damit zu betonen. Ein wesentlicher Faktor ist zudem, dass man keine Kochkenntnisse benötigt, um mit exquisiten Speisen in Verbindung gebracht zu werden.
Über die Social Media erreicht man mit Foodporn im besten Fall nicht nur das persönliche Umfeld, sondern macht auch weitere Menschen auf sich aufmerksam.
Einige Menschen betreiben Foodporn auch als eine Ersatzbefriedigung zum tatsächlichen Essen. Die durch den Anblick erzeugten Emotionen werden zu einem eskapistischen, voyeuristischen Genuss – allerdings kalorienfreier Natur.
Welche Speisen eignen sich?
Es gibt eine breite Palette der Möglichkeiten beim Foodporn. Hier ist im wahrsten Sinn für jeden Geschmack etwas dabei:
Fastfood und Streetfood:
Burger |
Sandwiches |
Burritos |
Tacos |
Pizza |
Pommes - |
Fastfood und Streetfood sind beliebte Motive für Foodporn. Wichtig ist eine appetitliche Präsentation, z. B. mit schmelzendem Käse, Barbecue-Soße oder knusprigem Bacon. Auch selbst gemachte, hochwertige Versionen von Fast Food kommen gut an.
Süßspeisen und Desserts: Kuchen, Torten, Eis, Pfannkuchen, Waffeln – alles, was süß und verführerisch aussieht, funktioniert als Foodporn, man denke etwa an
Cremetörtchen. Hier spielen Farbkontraste, Glasuren, Cremes und Toppings eine wichtige Rolle für die visuelle Wirkung.
Exotische und trendige Gerichte: Gerichte, die gerade im Trend sind oder exotisch wirken, ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich. Beispiele sind
- Poke Bowls,
- Ramen,
- Sushi,
- Dim Sum,
- Macarons
- oder ausgefallene "Superfoods".
Sie vermitteln ein Gefühl von Lifestyle und Coolness.
Aufwendig arrangierte Speisen: Gerichte, die kunstvoll und mit viel Liebe zum Detail angerichtet sind, machen sich gut auf Fotos. Das können Salate mit hübsch drapierten Zutaten sein, Smoothie Bowls mit Mustern aus Obst und Nüssen oder Käseplatten mit verschiedenen Komponenten.
Deftiges und "Sündiges“: Speisen, die eher deftig und kalorienreich sind, haben oft einen hohen Foodporn-Faktor. Dazu zählen z.B.
Spareribs |
Steaks |
Braten mit Soße |
deftige Frühstücksvarianten mit Speck und Eiern |
üppige Pasta- |
oder fettige Kartoffelgerichte |
Sie sprechen die Lust auf „verbotenes“ Essen an.
Ist Foodporn ein neues Phänomen?
Zwar ist der Begriff erst seit wenigen Jahren gebräuchlich, dennoch gab es bereits vor Jahrhunderten erste Vorläufer des Foodporns. Beispiele dafür sind etwa verschiedene Gemälde aus der Renaissance, die luxuriöse, ästhetisch angerichtete Lebensmittel oder Speisen thematisieren. Und auch diese Bilder wurden bereits geteilt: Man präsentierte sie dort, wo sie von besonders vielen Menschen wahrgenommen wurden.
Mit dem Beginn des Fotozeitalters wurden auch Speisen zu beliebten Motiven. Selbst bei frühen Aufnahmen in Schwarzweiß war es möglich, durch die Inszenierung Emotionen bei der / dem Betrachter*in zu erzeugen.
Der Begriff des Foodporns kam erstmals in den 1990er-Jahren auf, als die Werbeindustrie Hochglanzbilder für die Inszenierung (vorrangig ungesunder) Speisen einsetzte. Hieran knüpfte die Social Media fast nahtlos an: Im Jahr 2004 eröffnete die Plattform Flickr eine Kategorie „Foodporn“ für Essensfotos jeglicher Art. Seitdem vervielfacht sich die Menge an geteilten Bildern jedes Jahr. Auf Instagram finden sich inzwischen über 200 Millionen Beiträge unter dem Hashtag.
Wer macht und / oder betrachtet die Bilder?
Die Gruppe der ‚Foodporner‘ ist breiter gefächert, als man im ersten Moment denken könnte. Zu nennen sind u.a. die folgenden.
Hobbyköch*innen und Foodblogger*innen: Viele Foodporn-Bilder stammen von Hobbyköch*innen und Foodblogger*innen, die ihre Kreationen stolz in sozialen Medien präsentieren. Sie investieren oft viel Zeit und Mühe in das perfekte Arrangement und Foto ihrer Gerichte. Für sie ist Foodporn eine Form der kreativen Selbstdarstellung.
Influencer*innen und Trendsetter*innen aus dem Food- und Lifestyle-Bereich sind ebenfalls wichtige Treiber des Foodporn-Trends. Mit ihren oft professionell inszenierten Bildern setzen sie visuelle Trends und inspirieren die eigenen Follower*innen zum Nachahmen und Teilen ähnlicher Fotos.
Restaurants und Gastronomiebetriebe: Auch viele Restaurants, Cafés und Bars setzen inzwischen auf Foodporn-taugliche Gerichte und Präsentationen. Fotogene Speisen und Getränke sollen die Gäste zum Teilen animieren und so als ‚virales‘ Marketing dienen. Gastronomen erstellen oft selbst aufwendige Foodporn-Bilder für den eigenen Auftritt in der Social Media.
Durchschnittliche Social Media Nutzer*innen: Die Mehrheit der Foodporn-Bilder stammt von ganz normalen Social Media Nutzer*innen, die gelegentlich ein Foto ihres Essens posten. Laut einer Umfrage haben fast zwei Drittel der Deutschen schon mal Essen fotografiert. Viele betrachten solche Bilder auch gerne zur Inspiration und Unterhaltung.
Werbung und Medien: Nicht zuletzt wird Foodporn auch gezielt von der Werbebranche und Medien eingesetzt, um Produkte zu vermarkten und Konsumwünsche zu wecken. Hochglanzbilder von appetitlichem Essen zielen auf eine emotionale Aktivierung der Betrachter ab.
Welche kritischen Stimmen gibt es zu diesem Phänomen?
Auch dieser Trend wird nicht durchweg positiv betrachtet. Kritiker*innen führen eine ganze Reihe verschiedener Argumente ins Feld.
- Unerreichbare Ideale und Unzulänglichkeitsgefühle: Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass die hochstilisierten Foodporn-Bilder oft weit vom Alltag entfernt sind und unerreichbare Ideale darstellen. Für viele Menschen könne dies Gefühle der Unzulänglichkeit auslösen, da die eigenen Gerichte nie so perfekt aussehen. Verzerrung der Realität und Selbstinszenierung. Zudem bilde Foodporn nicht die Realität, sondern eine geschönte Version ab. Teure Zutaten vom Bauernmarkt würden stolz präsentiert, der Gang zum Discounter hingegen verschwiegen. Foodporn diene der Selbstinszenierung und dem Zurschaustellen eines bestimmten Lebensstils. Die soziokulturelle Botschaft stünden im Vordergrund, nicht der authentische Alltag.
- Ästhetik vor Inhalt und Genuss: Durch die Fokussierung auf das perfekte Bild tritt der eigentliche Genuss des Essens in den Hintergrund. Kritiker monieren, dass durch das ständige Fotografieren die „sinnliche Einheit“ der Mahlzeit zerstört wird. Die Optik ist demnach wichtiger als der Geschmack.
- Kommerzialisierung und versteckte Werbung: Gerade, weil Foodporn nicht als Werbung wahrgenommen wird, eignet es sich perfekt zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Viele Influencer und Gastronomen nutzen die Bilder gezielt, um Begehrlichkeiten zu wecken. Die Grenzen zwischen authentischem Content und Werbung verschwimmen.
- Fragwürdige Bezeichnung: Nicht zuletzt stößt sich so mancher am Begriff „Foodporn“ selbst. Die Verbindung von Essen und Pornografie wird als unpassend empfunden. Auch wenn keine explizit sexuelle Komponente mitschwingt, weckt die Bezeichnung doch Assoziationen, die nicht jedem gefallen.