Warum verzichten Menschen auf Sex und Selbstbefriedigung? Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen unter anderem von Asexualität über gesundheitliche Einschränkungen bis zu religiösen Überzeugungen. Doch auch ohne diese Hintergründe erleben viele Menschen Phasen der sexuellen Abstinenz – sei es bewusst oder unbewusst. Wir beleuchtet die möglichen Vor- und Nachteile eines sexuell enthaltsamen Lebens und werfen einen Blick darauf, warum der Verzicht auf sexuelle Aktivitäten als so ungewöhnlich gilt.
Warum verzichten Menschen auf Sex und Masturbation?
Die Ursachen, warum Menschen sexuell abstinent leben, können vielfältiger Art sein und unter anderem auf
- einer aufgrund von körperlichen und/oder physischen Krankheiten beziehungsweise traumatischen Erlebnissen (vorübergehend) eingeschränkten bis ausgefallenen Libido
basieren. Es wäre allerdings ein Trugschluss zu glauben, dass man besonders religiös oder asexuell sein müsse, damit man in bestimmten Phasen seines Lebens (oder insgesamt) keinen Sex mehr hat. Laut Schätzungen von Sexualtherapeut*innen kommt es nämlich bei der großen Mehrheit der Menschen (teilweise wohl bei bis zu 90 %) durchaus vor, dass sie zumindest zwei Wochen lang oder auch länger sexuell abstinent leben. Es geht also recht schnell. Wobei man jedoch nicht vergessen darf, dass nicht jede*r, die*der keinen Sex hat und sich nicht selbstbefriedigt, auch per se ohne körperliche Nähe und
Zärtlichkeiten lebt!
Welche Vor- und Nachteile bringt die sexuelle Abstinenz mit?
Vorteile |
Nachteile |
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bestes Mittel zur Verhütung und zum Schutz vor STI |
Sex sorgt für eine potenzielle Entspannung, die so wegfällt |
kann unter Umständen zu einer Steigerung der Fokussierung und der Produktivität bezüglich anderer Dinge führen |
Abnahme der Produktion von Sexualhormonen, was sich unter anderem negativ auf den Muskelaufbau auswirken kann |
gutes Gefühl bezüglich der persönlichen Selbstkontrolle und des Respekts für eigene Entscheidungen hinsichtlich der Gestaltung seiner Sexualität |
höheres Risiko für Herzinfarkte, zu hohen Blutdruck und Prostatakrebserkrankungen bei Männern steigt (wenn auch die Masturbation wegfällt) |
Abwechslung im eigenen (partnerschaftlichen) Sexleben |
erhöhtes Erkältungs- und anderweitiges Infektionsrisiko |
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weniger Antrieb für die Arbeit und andere Aktivitäten |
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mögliche Belastung der Partnerschaft |
Wie man sieht, gibt es nicht nur verschiedene Gründe, sondern auch verschiedene (gesundheitliche) Folgen, die die sexuelle Abstinenz nach sich zieht. Und wenngleich es tendenziell gesünder zu sein scheint, nicht vollständig auf Sex und Selbstbefriedigung zu verzichten, ist es prinzipiell auch keinesfalls dramatisch, wenn man eben keine Lust auf körperlich sexuelle Intimitäten mit sich und anderen Menschen hat. Bleibt aber natürlich noch die Frage, warum es oft so wirkt, als wäre regelmäßiger Sex das absolute Must-have.
Fazit? Kein Sex kann auch eine Lösung sein
Hinsichtlich vieler verschiedener erotisch-sexueller Vorlieben hat sich die Gesellschaft inzwischen schon (relativ) weitgehend geöffnet – interessanterweise scheint es in Bezug auf den Verzicht auf Sex nicht so zu sein. Vielmehr gilt es als normal, dass man Sex hat oder sich zumindest für Selbstbefriedigung interessiert. Was sich auch daran erkennen lässt, wie viele Aspekte unseres täglichen (Shopping-) Lebens mit Sexualität zu tun haben, Stichworte
- Datingplattformen,
- Kosmetik,
- Mode,
- Sextoys oder
- Gesundheitszubehör.
Insofern kein Wunder, als Trends wie
NoFab oft etwas kritisch beäugt werden – wenn doch Sex und Selbstbefriedigung das Nonplusultra zu sein scheinen. Zumal gerade Frauen ihre sexuellen Freiheiten und auch das Einhalten bestimmter damit verbundener Grenzen (wie eheinterne Vergewaltigungen) erst erkämpfen mussten. Folglich wirkt es auf viele Menschen merkwürdig, dass jemand auf Geschlechtsverkehr und Masturbation verzichtet, wo es doch jetzt so „unkompliziert“ ist. Nicht zu vergessen, dass ein Nein auch oft zu Diskussionen und Vorwürfen führt, die sich häufig negativ auf den Selbstwert der nein-sagenden Person auswirken.
In diesem Kontext auch noch ein Wort zum „Gnadensex“: Der ist in den meisten Fällen nicht konstruktiv, auch wenn dies immer wieder von verschiedensten Seiten propagiert wird. Denn wenn jemand mehr gibt, als er*sie eigentlich möchte, tut dies dem partnerschaftlich-sexuellen Gleichgewicht der Beziehung alles andere als gut. Schon allein deshalb, weil sich eine beteiligte Person mehr oder weniger bedrängt fühlt. Und wenn niemand diese Bedrängung im positiven Sinne (wie auch immer dieser individuell aussieht) auflöst, sinkt die Lust auf sexuelle Kontakte noch weiter.
Angesichts dessen gilt es, darauf zu achten, dass es – sofern gewünscht – genau die Art von Sex stattfindet, die allen Beteiligten wirklich etwas gibt. Denn ansonsten kann gar kein Sex unter Umständen sogar noch deutlich besser als schlechter Sex sein.