Unter Sapiosexualität versteht man eine erotische Vorliebe, die vordergründig auf die Intelligenz potenzieller Sexpartnerinnen und -partner, aber weniger auf deren Aussehen abzielt. Bei dem Begriff handelt es sich um einen Neologismus, der sich aus den lateinischen Begriffen „sapio“ (von „sapere“, also „weise sein“) und „Sexualität“ zusammensetzt. Er entstand in den 1990-er Jahren, zunächst im englischen Sprachraum, und fand 2002 Aufnahme im Urban Dictionary. Seitdem wird er in vielen Ländern regelmäßig in Wissenschaftsblogs diskutiert.
Handelt es sich bei der Sapiosexualität um eine sexuelle Orientierung?
Nein. Das liegt daran, dass die Sapiosexualität im Gegensatz zu anderen Sexualitäten – wie der Bi- oder Pansexualität – nicht im Zusammenhang mit dem Geschlecht der möglichen Partnerinnen und Partner steht. Somit ist die Sapiosexualität also keinesfalls mit sexuellen Orientierungen wie der Hetero-, Homo- oder Bisexualität zu vergleichen. Stattdessen ist sie als Vorliebe einstufen – als eine, die mehr auf den Intellekt, die Art des Sprechens / Schreibens und die mit Logik verbundenen Aspekte der menschlichen Intelligenz als auf Optik, Statussymbole und Co. abzielt.
Das Maß, in dem „Intelligenz ist sexy“ gilt, kann sich von Person zu Person deutlich unterscheiden. Manche Menschen, die sich selbst als sapiosexuell bezeichnen, interessieren sich nahezu gar nicht für die Körperlichkeiten anderer. Für andere ist das Aussehen jedoch durchaus von Bedeutung. Weiterer Knackpunkt: Was sich genau hinter dem Begriff ‚Intelligenz‘ verbirgt, wird in der Definition der Sapiosexualität nicht differenzierter geklärt. Es liegt also im Ermessen des Individuums, was es als erotisch empfindet und was nicht.
Wer ist sapiosexuell?
Schwer zu sagen, da bislang keine wissenschaftlich fundierten Untersuchungen zu der Frage vorliegen, ob Sapiosexualität eher eine männliche oder eine weibliche Vorliebe ist oder ob sie alle Geschlechter im gleichen Maße betrifft.
Tendenziell ist jedoch festzuhalten, dass das Interesse an inneren Werten, speziell Intelligenz, beim Dating sowohl bei Frauen wie auch bei Männern von Bedeutung ist. Das bewies unter anderem eine ElitePartner-Studie von Ende 2022, in der 6.104 liierte und nicht liierte Frauen und Männer befragt wurden. Das Ergebnis: Für 75 % der Männer und 82 % der Frauen war sie wichtig. Wobei auch das attraktive Äußere für 68 % der Männer und 58 % eine wesentliche Rolle spielte.
So betrachtet ist das als erotisch empfundene Interesse an Intelligenz also ziemlich weitverbreitet und kein Alleinstellungsmerkmal. Ein gewisser Funken Sapiosexualität steckt also in den meisten Menschen, wenngleich diese dies meistens nicht besonders betonen.
Woran kann man ein gewisses Faible für Sapiosexualität erkennen?
Personen, die sich selbst als sapiosexuell bezeichnen,
- interessieren sich häufig weniger für das äußere Erscheinungsbild ihrer Mitmenschen als an einem intellektuellen Austausch,
- begeistern sich oft weniger für einen oberflächlichen Small Talk denn für philosophische Diskussionen, anderweitige Fachgespräche und
- legen tendenziell größeren Wert auf Wortwitz und Eloquenz – mehr als auf Sex und Erotik.
Reichen entsprechende Vorlieben sehr weit, kann für sie auch die Bezeichnung „Nymphobrainiac“ genutzt werden. Aber, wie bereits angemerkt: Die meisten Menschen legen dennoch Wert auf ein Mindestmaß an optischer Anziehung und wollen nicht auf zwischenmenschliche Werte wie Empathie verzichten. So betrachtet kommt es also auch denen, die sich für die Sapiosexualität interessieren und sie zu ihren Faibles zählen, auf eine wie-auch-immer-geartete Mischung aus den verschiedensten Faktoren an.