Der Slow Sex ist eine Form der Sexualität, die sich durch Achtsamkeit und eine langsame, bewusste Herangehensweise auszeichnet. Den Begriff prägte die Sexualtherapeutin Diana Richardson. Sie bietet in ihrem Buch Slow Sex – Zeit finden für die Liebe detaillierte Anleitungen und Übungen an, die eine tiefere Verbindung zwischen den Partner*innen fördern sollen. Beim Slow Sex geht es folglich um den Genuss des Moments, der nicht mit dem Druck, einen Orgasmus erreichen zu müssen, verbunden sein soll. Stattdessen liegt der Fokus auf der gemeinsamen Zeit und dem Entdecken neuer Lustpunkte, wobei auch das Vorspiel als Teil des gesamten erotisch-sexuellen Erlebnisses zählt.
Sind Karezza und Slow Sex nicht eigentlich dasselbe?
Nein. Tatsächlich handelt es sich dabei um eng miteinander, jedoch nicht identische Konzepte. Gemeinsam haben sie die Betonung der Bedeutung von Intimität und einer emotionalen Verbindung, die über den physischen Akt hinausgeht. Und sie vermeiden auch beide den Fokus auf den Orgasmus. Allerdings verzichtet der Mann bei Karezza bewusst auf die Ejakulation, weil die Methode auf das Erreichen eines anhaltenden, orgiastischen Zustands abzielt.
Sex hingegen ist ein breiterer Begriff, der sich auf eine langsame, achtsame Herangehensweise an sexuelle Aktivitäten bezieht. Will sagen, dass das Hauptaugenmerk auf der Intensität der körperlichen Empfindungen und der emotionalen Verbindung liegt. Dabei kann Slow Sex verschiedene Techniken und Stile umfassen, die nicht unbedingt die spezifischen Elemente von Karezza beinhalten müssen. Oder mit anderen Worten: Bei Karezza handelt es sich um eine spezielle Slow-Sex-Form, Slow Sex selbst ist ein allgemeinerer Ansatz, der verschiedene Methoden zur Förderung von Intimität und Genuss beinhaltet.
Welche Sexpraktiken können beim Slow Sex zum Tragen kommen?
Im Zuge des Slow Sex bieten sich verschiedene Praktiken wie Streicheln und Küssen, das aufmerksame Erforschen des Körpers des Gegenübers ohne sofortige Stimulation und eine generell langsame Penetration an. Zu den dafür prädestinierten Stellungen zählen daher insbesondere
- die Missionarsstellung, weil man(n) seine Bewegungen gut kontrollieren, sich anschauen und gleichzeitig mit dem Gesicht sehr nahekommen kann,
- die Reiterstellung, sofern beide Partner*innen aufrecht sitzen,
- die Löffelchenstellung, die einen engen Kontakt, Nackenküsse und andere zusätzliche Zärtlichkeiten und Stimulationen mit den Händen erlaubt
- sowie der Doggystyle, der im wahrsten Sinne des Wortes tief kommt und inKombination mit langsamen Bewegungen besonders intim ist.
Wer interessiert sich dafür und was ist der Reiz?
Der Slow Sex spricht primär Paare an, die in ihrer Beziehung eine tiefere Verbindung suchen oder die Lust aufeinander neu entfachen möchten. Ähnlich wie Karezza kann er eine Möglichkeit sein, um sich bewusster aufeinander einzulassen und den Druck des schnellen Sex außen vorzulassen. So ist es möglich, eine intimere Erfahrung zu machen, die oft mit intensiveren Empfindungen verbunden ist. Kein Wunder also, dass Slow Sex auch zu den immer wieder einmal auftauchenden Sextrends zählt und sich inzwischen auch eine entsprechende Form des Datings, das
Slow Dating, immer größerer Beliebtheit erfreut.
Inwiefern passen BDSM und Slow Sex zusammen?
BDSM (Bondage, Dominanz, Submission, Sadismus und Masochismus) und Slow Sex lassen sich vom Grundsatz her ziemlich gut kombinieren. Und das, obwohl sie auf den ersten Blick unterschiedliche Ansätze darstellen; Stichwort Machtspiele und körperliche Intensität beim BDSM. Aber dafür gibt es auch einige Schnittmengen, so wie die folgenden:
gemeinsame Werte |
Intimität und Achtsamkeit |
Fantasie und Rollenspiele |
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Betonung von Einvernehmlichkeit und der Bedeutung der Kommunikation, damit möglichst viel Vertrauen und eine tiefere emotionale Bindung entstehen können |
Erhöhung der Intensität von BDSM-Erfahrungen durch langsame Bewegungen und genug Zeit, um die Dynamik von Dominanz und Unterwerfung wirken zu lassen |
Integration von sanften Rollenspielen und Unterwerfungsszenarien in den Slow Sex, wodurch sich die Grenzen der bisher gekannten Intimität potenziell erweitern lassen |
Worauf muss man beim Slow Sex noch achten?
Wenngleich es bei diesem Sexansatz schon vom Prinzip her um Aufmerksamkeit, gegenseitigen Respekt und Rücksicht gehen sollte, kann man nicht oft genug betonen, wie wichtig auch hierbei
- der gelungene Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen (gerade im Zusammenspiel mit verschiedenen und/oder mehreren Sexpartner*innen) und
- eine ebensolche Empfängnisvermeidung (beim Wunsch des Vermeidens einer Schwangerschaft)
sind. Denn all diese Faktoren ergeben sich auch beim Slow Sex nicht von allein, sondern bedürfen einer geeigneten Kommunikation und Umsetzung.