Sex macht Spaß, kann aber auch psychischen Druck erzeugen: Menschen funktionieren nicht wie Maschinen und sind daher nicht immer und überall in der Lage, ihre Liebhaberqualitäten unter Beweis zu stellen. Wenn die Zweifel an der eigenen Performance Überhand gewinnen, spricht man von der Versagensangst. In der englischen Übersetzung ist von „Fear of Failure“ die Rede.
Was versteht man unter der Versagensangst?
Man kann es bereits herauslesen: Versagensangst ist die Angst, Erwartungen nicht erfüllen zu können – seien es die Erwartungen Anderer oder jene, die man an sich selber stellt. Derlei Erwartungsängste gibt es in allen Lebensbereichen, in der Sexualität kommen sie jedoch besonders häufig vor. Generell kann jeder Mensch zumindest temporär unter der Befürchtung leiden, sexuell nicht leistungsfähig zu sein. In einigen Fällen kann die Angst mit einer tatsächlich vorhandenen Impotenz oder
Lustlosigkeit einhergehen, meistens liegt allerdings keine derartige Störung zugrunde.
Wer ist von der Versagensangst betroffen?
Ein viel gepflegtes Klischee scheint die Frage vollumfänglich zu beantworten. Menschen mit männlicher Anatomie haben demnach Angst vor einer erektilen Dysfunktion: Die sexuelle Lust funktioniert manchmal nicht so, wie man es sich im Vorfeld vorgestellt hat. Dann steht die Psyche einer Erektion im Weg und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Erregung in eine Versagensangst umschlägt.
Doch prinzipiell ist die sexuelle Versagensangst nicht von einem Geschlecht abhängig. Menschen mit weiblicher Anatomie müssen sich zwar keine Sorgen um eine Erektion machen. Doch die Befürchtung, sexuell nicht genügen zu können, steht damit nicht zwingend im Zusammenhang. Häufig spielt auch die Angst, selbst keine
sexuelle Befriedigung zu erreichen, eine wichtige Rolle.
Was sind die Gründe?
Es kann eine ganze Reihe an Ursachen für die sexuelle Versagensangst geben. Oft kommen sogar mehrere Aspekte aus der folgenden Liste zusammen.
- Persönliche Erfahrungen, etwa negative sexuelle Erlebnisse, sexuelle Funktionsstörungen oder Schmerzen beim Sex, sind häufige Ursachen für Versagensängste.
- Gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Hierbei kann es um den Druck gehen, bestimmten Normen oder Erwartungen zu erfüllen – oder um den Vergleich mit pornografischen Darstellungen.
- Beziehungsprobleme wie eine gestörte Kommunikation oder fehlendes Vertrauen können ursächlich sein – oder die Versagensangst verstärken.
- Die psychische Gesundheit ist ein weiterer Faktor. Vor allem Menschen mit Angststörungen, Depressionen und mangelndem Selbstwertgefühl entwickeln häufig auch sexuelle Versagensängste. Außerdem können Stress, Trauer und andere Formen nervlicher Anspannung Einfluss auf die Sexualität haben.
- Physiologische Faktoren wie (auf männlicher Seite) Erektionsprobleme oder Neigung zu vorzeitiger Ejakulation sowie (vor allem auf weiblicher Seite) Schmerzen beim Sex oder Orgasmusprobleme, sind ebenfalls keine Seltenheit.
- Eine unzureichende sexuelle Aufklärung ist insbesondere unter Teenagern eine wesentliche Ursache für die Versagensangst. Sie ist aber auch in späteren Lebensabschnitten keine Seltenheit.
Was kann man gegen die Versagensangst tun?
Hier gibt es keinen allgemeingültigen Königsweg: Abhängig von der Ursache und der Schwere des Problems kann man die Sache ganz unterschiedlich angehen. Da es sich bei der Versagensangst in den allermeisten Fällen um ein temporäres Phänomen ohne körperliche oder geistige Erkrankung handelt, ist die Gelassenheit eine gute Ratgeberin. Oftmals verschwindet die Angst, wenn man sich nicht unter Druck setzt (oder setzen lässt!) und der eigenen Sexualität ausreichend viel Zeit und Raum zur Entfaltung gewährt.
Gleiches gilt, wenn die / der Partner*in von der Versagensangst betroffen ist. In diesem Fall sind Geduld und Einfühlungsvermögen neben der offenen Kommunikation ganz entscheidende Hebel. Insbesondere innerhalb der Partnerschaft kann man es auch mit frei verkäuflichen
Aphrodisiaka versuchen – auch wenn diese immer nur ein Teil der Lösung darstellen.
Wenn es Anzeichen gibt, dass die Ursache tiefgreifend psychischer oder körperlicher Natur ist, sollte man der Sache unbedingt fachmedizinisch auf den Grund gehen: Möglicherweise liegt die Antwort in einer professionellen Psychotherapie oder einem verschreibungspflichtigen
Potenzmittel.