Es handelt sich um eines der bekanntesten, aber auch der umstrittensten Werke aus der BDSM-Literatur. Geschrieben wurde ‚Histoire d’O‘, wie die Geschichte im französischen Originaltitel heißt, bereits 1954. Von Anfang an war Die Geschichte der O der Autorin Anne Desclos, die sie unter dem Pseudonym ‚Pauline Réage‘ herausbrachte, aufgrund der expliziten Worte sehr umstritten.
Worum geht es in Die Geschichte der O?
O ist eine erfolgreiche, aber sehr devote und masochistische Modefotografin aus Paris. Mit ihrem Partner und Dom fährt sie aufs Land nach Roissy, wo sie als perfekte Sub ausgebildet werden soll. Vor allem Fesselspiele und brutale Auspeitschungen gehören zu den Handlungen, die O kennenlernt. Eine Wendung nimmt die Geschichte, als sie während ihres Aufenthaltes in Roissy einem noch dominanteren und sadistischeren Mann zugeführt wird.
Warum ist die Geschichte so skandalös?
Die Story beschreibt die Benutzung von O haarklein, nennt also alle Details ohne Umschweife. O wird sexuell benutzt, erniedrigt und gefoltert, was vielen Menschen auch in der heute toleranteren und sexuell aufgeklärten Gesellschaft noch durch Mark und Bein geht. In den 1950er Jahren hatten derlei Praktiken, auch wenn sie fiktiv waren, noch eine vollkommen andere Sprengkraft.
Dies beflügelte allerdings auch die Popularität des Werkes und machte es zum Vorbild eines ganzen Genres. Es wurde bereits vielfach verfilmt.
Welchen Stellenwert hat die Geschichte heute?
Viele Einzelheiten aus der Originalgeschichte sind so brutal, dass sie sich nicht mit Recht und Gesetz vereinbaren lassen – weder in Deutschland noch im Ursprungsland Frankreich noch in anderen Rechtsstaaten. In abgeschwächter Form hingegen gilt Die Geschichte der O als ein Grundmotiv für BDSM-Sessions. Viele Details werden gerne aufgegriffen, hier nur einige Beispiele.
- Ring der O: O trägt einen größeren Ring, an den ein kleiner angearbeitet ist. Ein solcher Ring gilt in der Szene als Zeichen für eine devote und / oder masochistische Veranlagung und wird sowohl von Männern als auch von Frauen getragen.
- Kleid der O: Das Kleid der Protagonistin wird in der Geschichte genauestens beschrieben. Es ist schwarz, lang und ist an der Vorderseite mittig bis nach oben geschlitzt. Die Trägerin kann dadurch jederzeit penetriert oder ausgepeitscht werden.
- Das Schloss von Roissy: Das Schloss, in dem weite Teile der Geschichte spielen, liefert eine geradezu perfekte Kulisse. Heute gelten Schlösser und andere historische Gemäuer für BDSM-Spiele als geradezu prädestiniert.
Wer lebt und erlebt Die Geschichte der O?
Für viele BDSMler gehört es zu den Traumbildern, die Geschichte permanent leben zu können. Dies lässt sich aber normalerweise nicht mit dem Alltag vereinen. Außerdem verlöre sie dann den Reiz des Besonderen. Umso mehr leben sich viele Menschen in den passenden Momenten aus. Es finden beispielsweise immer mehr Partys unter diesem Motto statt, die in allen Regionen regen Zulauf haben.
Im professionellen Bereich hat die Geschichte natürlich ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert. In Zahlreichen S/M-Studios nennen die ‚Histoire d’O‘ klar zu ihrem Angebot. Darüber hinaus gibt es neben den bekannten Filmen auch unzählige Amateur-Bilder und Clips. Viele
Sexcams streamen zudem live ihre eigene Interpretation der Geschichte.
Worauf muss man achten?
Es handelt sich um eine fiktive Geschichte. Würde man sie 1:1 nachspielen, käme dies einer gefährlichen Körperverletzung gleich, die durchaus lebensgefährliche Folgen haben kann. Daher muss man sie stets so betrachten wie andere literarische Werke. Sie dient als Inspiration und Anregung, sein Liebesleben weiter aufzufächern und sich vielleicht auch von neuen Seiten selbst zu entdecken. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Es liegt auf der Hand, dass Die Geschichte der O nicht ohne Einvernehmlichkeit nachgespielt werden kann. Außerdem müssen alle Beteiligten klar wissen, was sie tun. SSC (Safe, sane & consensual) ist bei solchen Fantasien eine unverzichtbare Formel.